Kurzprotokoll des internationalen Fachgesprächs zu Forschungsprojekten des DMF im Bereich Dosimetrie

Vom 25. bis 26. Juli 2006 fand im Rahmen des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms (DMF) ein internationales Fachgespräch im BfS Neuherberg statt. Schwerpunkt des Fachgespräches waren die Forschungsprojekte, die sich mit der Bestimmung der im Alltag vorhandenen Exposition durch elektromagnetische Felder befasst hatten. Neben der Mobilfunktechnologie wurde auch die Exposition durch neue Technologien (z. B. digitaler Rundfunk und Fernsehen, WLAN, schnurlose DECT Telefone) untersucht und somit ein weites Spektrum an technischen Anwendungen elektromagnetischer Felder abgedeckt, die das tägliche Leben bestimmen. Darüber hinaus wurden die Beiträge der Dosimetrie in den biologischen Projekten des DMF diskutiert.

Das Fachgespräch war das erste in einer Reihe von insgesamt fünf internationalen Fachgesprächen zu den verschiedenen Forschungsschwerpunkten des DMF. Die Gesamtbewertung aller Forschungsprojekte wird Ende 2007 ebenfalls unter internationaler Beteiligung stattfinden.

Das Programm des Fachgesprächs kann dem Faltblatt entnommen werden.

Ein ausführlicher Bericht wurde von dem Rapporteur des Workshops, Dr. Simon Mann, von der Health Protection Agency, UK erstellt, dem hierfür ein besonderer Dank gilt.

Die im folgenden aufgeführten Vorträge stehen ebenfalls zum Download als pdf-Datei bereit.

Session 1
Numerical Models and Computations
SAR-distribution in human beings when using bodyworn RF Transmitters Andreas Christ
IT'IS Foundation
SAR-distribution in human beings exposed to RF radiation with regard to small structures and thermo-physiological parametersGernot Schmid
ARC Seibersdorf research GmbH
SAR-distribution in test animals exposed to RF radiationNiels Kuster
IT'IS Foundation
Session 2
Dosimetry in Biological Studies
Exposure setups for in vivo RF experiments using waveguides Tina Reinhardt
University of Wuppertal
Exposure setup for animal experiments using a parabolic reflectorSimon Schelkshorn
University of Munich
Exposure setups for laboratory animals and volunteer studies using bodymounted antennasAndre Rennings
IMST GmbH
Exposure setups for in vitro RF experimentsNiels Kuster
IT'IS Foundation
Session 3
Exposure of the general public
Individual exposure assessment in epidemiological studies H.-Peter Neitzke
Ecolog Institute gGmbH
Exposure of the general public due to GSM and UMTS base station transmittersChristian Bornkessel
IMST GmbH
Exposure of the general public due to wireless LAN-applications in urban environmentsGernot Schmid
ARC Seibersdorf research GmbH
Exposure of the general public due to digital broadcast transmitters compared to analogue onesMarkus Schubert
IMST GmbH
Exposure from using mobile phones in typical day-to-day situations and in partly shielded roomsReinhard Georg
engineering company Telekom-Consult
Exposure caused by wireless technologies used for short range indoor communication in homes and officesGernot Schmid
ARC Seibersdorf research GmbH

Die Diskussionen zu den einzelnen Teilveranstaltungen standen unter folgenden Fragestellungen:

  1. Was wurde durch die Projekte erreicht?
  2. Wo bestehen nach wie vor Kenntnislücken?
  3. Können Minimalstandards für die weitere Arbeit definiert werden?
  4. Wurden Ergebnisse erzielt, die Auswirkungen auf Richtlinien oder auf die Normgebung haben?

Nach Abstimmung mit den Teilnehmern des Fachgesprächs können folgende Ergebnisse der Diskussionen festgehalten werden:

1. Was wurde durch die Projekte erreicht?

  • Durch die Benutzung von Mobilfunktelefonen ist eine Temperaturerhöhung in der menschlichen Haut bis zu 3 – 5°C möglich. Frühere Forschungsergebnisse, dass dies primär auf verminderte Konvektion zurückzuführen ist und nicht auf die HF Exposition, wurden bestätigt.
  • Der Temperaturanstieg in inneren Organen des Kopfes und des Rumpfes bei der Benutzung von üblichen Sendern nahe am Körper, liegt in der Größenordnung von 0,1°C und darunter.
  • Erhebliche Fortschritte wurden im Verständnis tatsächlicher Expositionen in umweltrelevanten Situationen erzielt. Offene Fragen bleiben bzgl. komplex zusammengesetzter Szenarien bestehen, wie z.B. gleichzeitige Expositionen von weit entfernten und nah am Körper betriebenen Quellen.
  • Expositionsabschätzung für epidemiologische Studien um Mobilfunk-Basisstationen ist generell eine anspruchsvolle Aufgabe, die nach wie vor nicht zufrieden stellend gelöst ist. Rechenverfahren können helfen, möglicherweise hoch oder niedrig exponierte Personen vorzuselektieren. Zusätzliche Schwierigkeiten bestehen darin Rundfunksender, historische Expositionen und Expositionen durch persönliche Geräte (Telefone etc.) in einem Gesamtexpositionsmaß unterzubringen. Einige der genannten Schwierigkeiten können möglicherweise durch den Einsatz neu entwickelter Exposimeter gelöst werden.
  • Wir haben jetzt ein verbessertes Verständnis der Exposition der allgemeinen Bevölkerung in gut definierten Szenarien. Offene Fragen verbleiben bzgl. komplexer Szenarien wie beispielsweise an Arbeitsplätzen mit starken Feldquellen.
  • Auch wenn es entgegenstehende Beispiele gibt, besteht eine allgemeine Tendenz, dass neue Technologien und Anwendungen, die Exposition der Bevölkerung erhöhen. Im Durchschnitt ist die Exposition der Öffentlichkeit nach wie vor deutlich unterhalb der aktuellen Grenzwerte.
  • Die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Disziplinen in gesundheitsbezogenen Studien wurde weiter verbessert. In den diskutierten Projekten wurden dosimetrische Verfahren nach Stand von Wissenschaft und Technik erfolgreich eingesetzt, um Expositionssysteme zu verbessern.

2. Wo bestehen nach wie vor Kenntnislücken?

  • Die Entwicklung von numerischen Modellen für Kinder und schwangere Frauen ist viel versprechend, aber Modelle für dickleibige Personen und Kinder fehlen nach wie vor. Softwaretools zum Verändern der Körperhaltung von Modellen werden insbesondere im Zusammenhang mit der Untersuchung von beruflichen Expositionsszenarien benötigt
    Ein Punkt für die Diskussion auf dem abschließenden Workshop:
    Die Frage, ob die Entwicklung von Sicherheitsrichtlinien auf einer durchschnittlichen Person, auf einer Person, die dem 95. Perzentil entspricht oder auf einer anderen Standard Person basieren soll, ist von entscheidender Bedeutung.
  • Neu entwickelte Personendosimeter/-exposimeter müssen eingehend untersucht und weiter verbessert werden. Parameter wie Genauigkeit, Isotropie, Übersprechen, Empfindlichkeit etc. sind in diesem Zusammenhang von Interesse.
  • Ein Punkt für die Diskussion auf dem abschließenden Workshop:
    Nationale Behörden sollten sich eines "Monitorings" neuer Technologien hinsichtlich maximaler und typischer Expositionen vor ihrer Markteinführung annehmen und dies zur Information der allgemeinen Bevölkerung nutzen.
  • Weitere Untersuchungen zur Mikrodosimetrie auf zellulärer Ebene sowie die Modellierung komplexer Expositionsszenarien in vitro sind wünschenswert. Diese Arbeiten sind im Zusammenhang mit der Forschung bzgl. nicht-thermischer Effekte besonders von Bedeutung.

3. Können Mindestanforderungen für die weitere Arbeit definiert werden?

  • Mindestanforderungen wurden für in vitro, in vivo und Humanstudien definiert. Die Festlegung von Standards könnte allerdings zu unnötigen Einschränkungen führen, die innovative Lösungen behindern könnten. Solange alle Expositionsbedingungen hinsichtlich der jeweils relevanten Expositionsgröße definierbar und reproduzierbar sind, ist die Abweichung von Standards in Abhängigkeit von den biologischen Anforderungen gerechtfertigt.
  • Höhere Ansprüche an die Homogenität müssen an in vitro Experimente gestellt werden. Dies ist auch möglich. Eine Homogenität der Exposition von 30% oder besser wird empfohlen.
  • Für die Überprüfung der Konformität können einfache dosimetrische Modelle verwendet werden. Allerdings sollten detaillierte technische Begründungen veröffentlicht werden, die belegen, dass diese einfachen dosimetrischen Modelle konservativ sind. Für wissenschaftliche Forschungsprojekte sind genauere Modelle erforderlich.
  • Die Temperatur muss in allen biologischen Experimenten erhoben und kontrolliert werden, da sie die Ergebnisse der Experimente beeinflussen kann. SAR ist die maßgebliche dosimetrische Größe.

4. Wurden Ergebnisse erzielt, die Auswirkungen auf Richtlinien oder auf die Normgebung haben?

  • Es ergeben sich keine direkten Auswirkungen auf Richtlinien oder auf die Normgebung in Bezug auf die allgemeine Bevölkerung. Die Resultate sind relevant für die Prüfung ob Grenzwerte eingehalten werden, z. B. indem sie auf Bedingungen für hohe Expositionen hinweisen. Die Ergebnisse einiger Studien zu Teilkörperexpositionen werfen Fragen bezüglich möglicher Temperaturanstiege bei Expositionen in Höhe der Basisgrenzwerte für berufliche Exponierte auf. Die Richtlinien sollten diesbezüglich überprüft werden. Dies sollte auf dem abschließenden Fachgespräch diskutiert werden.
  • Aus Sicht der Dosimetrie sollten die Richtlinien im Hochfrequenzbereich nach wie vor auf dem SAR Konzept basieren. Die Temperatur als Basisgröße einzuführen wurde nicht empfohlen, da
    • die SAR genauer berechnet werden kann (Berechnungsverfahren zur Ermittelung der Temperaturverteilung sind weniger weit entwickelt. Stoffwechsel und Blutzirkulation sollten genauer modelliert werden).
    • nicht-thermische Effekte nach wie vor nicht endgültig ausgeschlossen werden können.
    • mehr Wissen über die Thermophysiologie benötigt wird.
    Auch dies ist ein Diskussionspunkt für das abschließende Fachgespräch.
  • Hinsichtlich der Mittelungsmasse ist für die Begrenzung der SAR ein Wert von 1g konservativer im Vergleich zu 10g. Hinsichtlich thermischer Effekte scheint ein Wert von 10g aber konservativ genug, zumindest für Frequenzen, die im Rahmen der Projekte dieses Fachgesprächs benutzt wurden (400 MHz – 5 GHz).
  • Die Mittelung über zusammenhängende Gewebebereiche sollte der Mittelung über würfelförmige Gewebebereiche vorgezogen werden. Die Praktikabilität spricht jedoch für den Würfel als Mittelungsvolumen. Bei der Überarbeitung von Normen ist dieses Thema zu vertiefen.
  • Zum Zwecke der Überprüfung der Einhaltung von Grenzwerten in der Umgebung von GSM und UMTS Basisstationen wurden Vorschläge für Messvorschriften entwickelt, die die Anforderungen der 26. BImSchV berücksichtigen.

Der englische Originaltext "Conclusions from the DMF Workshop on Dosimetry" liegt hier zum Download als PDF-Datei vor.