Einfluss von GSM-Signalen auf isoliertes menschliches Blut.
B. Differentielle Genexpression

Thema

Einfluss von GSM-Signalen auf isoliertes menschliches Blut
B. Differentielle Genexpression

Beginn

01.08.2005

Ende

31.01.2008

Projektleitung

Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin, Hannover

Zielsetzung

Mit dieser Studie sollte festgestellt werden, ob GSM-Signale des Mobilfunks die Genexpressionsmuster menschlicher Blutzellen (periphere Lymphozyten) beeinflussen. Mit Hilfe eines umfassenden Screening-Ansatzes (mRNA-Microarrays, Validierung durch RT-PCR) können regulierte Gene identifiziert und ggf. Rückschlüsse auf zugrundeliegende Vorgänge in den Zellen gezogen werden. Den Schwerpunkt der Studie bildeten die umfangreichen Analysen auf mRNA-Ebene, zusätzlich wurden jedoch auch Veränderungen auf Proteinebene untersucht.

Ergebnisse

Es wurden Lymphozyten aus Blutproben von insgesamt 40 Spendern mit GSM-Signalen unterschiedlicher Stärke (SAR 0.2, 2 und 5 W/kg) für a) 1 Stunde und b) 48 Stunden exponiert. Im Vergleich mit einer Negativkontrolle (SAR=0 W/kg) wurde nach expositionsbedingten Unterschieden im Genexpressionsmuster gesucht. Es wurden Blutproben von 10 männlichen und 10 weiblichen Spendern der Altersgruppe 18-22 Jahren (im Folgenden als MJ und WJ (männlich juvenil und weiblich juwenil) sowie von jeweils 10 männlichen und 10 weiblichen Spendern der Altersgruppe 50-60 Jahren, im Folgenden als MA und WA (männlich adult und weiblich adult) bezeichnet, untersucht und ausgewertet.

Methoden:

Für die Genexpressionsanalysen wurde der Human Genome Array „Genome U 133 Plus 2.0“ der Firma Affymetrix verwendet. Mit diesem Array lässt sich das Expressionsprofil des menschlichen Genoms (> 47.000 Transkriptvarianten) erstellen. Es wurden umfassende biostatistische Analysen durchgeführt: Hierzu gehörten eine Hauptkomponentenanalyse („principal components analysis“ (PCA)) und hierarchische Genclusteranalysen. Die Hauptkomponentenanalyse ist ein Verfahren der multivariaten Statistik. Die komplexen Datensätze der exprimierten Gene werden damit strukturiert, vereinfacht und veranschaulicht. In der Vielzahl an regulierten Genen wird nach aussagekräftigen Kombinationen gesucht.

Hierarchische Genclusteranalysen wurden durchgeführt, um in Abhängigkeit von der Expositionshöhe, der Dauer der Exposition, dem Alter und dem Geschlecht der Blutspender Regulationen von exprimierten Genen zu finden. Hierzu wurden hierarchische Genclusteranalysen mittels der Algorithmen die in „Array Track“ verwendet werden, eingesetzt. Zu diesem Zweck wurden die "fold changes" berechnet und die "Genesis software (Release: 1.6.0)" eingesetzt.

Mit einer zweiten Methode (Echtzeit-PCR) wurden Microarrayanalysen für 20 aus den Arrayanalysen hervorgegangenen Genen überprüft. Ausgewählte Proteine wurden mittels Westernblot untersucht. Die umfassende Microarray-Analyse erbrachte zusammengefasst folgende Ergebnisse:

  • Aus dem auf dem Microarray durch > 47.000 Transkriptvarianten repräsentierten menschlichen Genom wurden insgesamt 84 Gene signifikant mit einem Fold Change (einer Veränderung der Höhe der Genexpression) von >1.5 für induzierte und <-1.5 für reprimierte Gene reguliert, 65 davon jedoch nur in jeweils einer der Spendergruppen (MJ; MA, WJ, WA). Von den verbleibenden 19 Genen waren 12 Gene in 2 Spendergruppen, 3 Gene ín drei und 4 Gene in allen 4 Spendergruppen reguliert.
  • Beim niedrigsten hier untersuchten SAR-Wert von 0.2 W/kg (zum Vergleich: der Ganzkörpergrenzwert liegt bei 0.08 W/kg) wurden in keiner der Spendergruppen weder nach 1 Stunde noch nach 48 Stunden Exposition signifikante Veränderungen der Genexpression gefunden.
  • Bei 2 W/kg traten einige signifikante Änderungen auf, allerdings nur in jeweils einer der Spendergruppen.
  • Sofern signifikante Veränderungen der Regulation in mehr als einer Spendergruppe auftraten, betraf dies die höchste Exposition von 5 W/kg und die längere Expositionsdauer von 48 Stunden. Dies gilt insbesondere für die vier Gene, die in allen Spendergruppen reguliert waren (RBM3, SLC16A6, SLC5A3 und HIST1H2AC).
  • Ein Zusammenhang zwischen Expositionshöhe und Regulation im Sinne einer "Dosis-Wirkungs-Beziehung" wurde nicht gefunden.
  • In einer Übersichtsanalyse, in die alle, d. h. auch die nicht signifikant regulierten Gene, einbezogen wurden, setzte sich bei einigen der jungen, männlichen Probanden das Expressionsmuster bei 5 W/kg, 48 Stunden von den Mustern der eigenen Kontrolle und den Mustern für 0.2 und 2 W/kg ab. Diese Verschiebungen ließen sich - abgesehen davon, dass sie in den anderen Spendergruppen nicht auftraten -, nicht auf eine zugrundliegende Gemeinsamkeit im Sinne bestimmter Expressionsveränderungen als Antwort auf die Exposition zurückführen.
  • Zur Validierung der Microarraydaten wurden 20 Gene ausgewählt, deren Expression mit einer zweiten Methode, der quantitativen Echtzeit-PCR (RT-PCR) überprüft wurde. Hierfür wurden solche Gene gewählt, die in mehr als einer Behandlungsgruppe verändert exprimiert, besonders stark verändert exprimiert vorlagen oder von besonderem biologischen Interesse waren. Zwar konnte mit dieser Methode nur für einen Teil der vom Microarray detektierten Gene eine statistisch signifikante Expressionsänderung bestätigt werden, bei fast allen mit der zweiten Methode untersuchten Genen konnte jedoch zumindest die mit den Microarrays bestimmte Richtung der Expressionsänderung bestätigt werden. Widersprüche, d. h. eine Regulation in die Gegenrichtung, traten nur vereinzelt auf. Insgesamt bestätigen also die RT-PCR-Ergebnisse die Microarray-Daten zumindest in der Tendenz.
  • Mit spezifischen Antikörpern wurde bei einigen Genen überprüft, ob sich die auf RNA-Ebene detektierten Veränderungen der Expression auf Proteinebene wiederfinden. Ausgewählt wurden die Proteine FKBP4, CACYBP; HIST1H3D, DNAJB4, DNAJA4, HIPK2, CKS2, BAG3, HIST1H2AD und LDLR, wobei letzeres nicht im Western Blot nachweisbar war, sodass für 9 statt für 10 Proteine Western-Blots für alle Behandlungsgruppen durchgeführt und analysiert wurden. In den meisten Fällen traten keine Veränderungen auf. Die Forschungsnehmer kommen zu dem Schluss, dass zwar in Einzelfällen Unterschiede zwischen Kontrolle und exponierten Gruppen auftreten, jedoch insgesamt keine Dosierungs-abhängige signifikant veränderte Expression von Proteinen vorliegt.
  • Weitere 6 Proteine (Hsp27, Hsp27P, p38MAPK, HSP70, C-JUN und C-MYC) wurden ebenfalls im Western Blot untersucht. Nach 1-stündiger Exposition traten für keines der Proteine Unterschiede zwischen Kontrolle und exponierten Proben auf. Bei c-MYC, c-JUN, p38MAPK und HSP70 wurden auch bei der 48-stündigen Exposition keine expressionsabhängigen Veränderungen festgestellt. Für HSP27 und die phosphorylierte Form HSP27P traten in einigen Gruppen Veränderungen auf, wobei die aktive, phosphorylierte Form seltener reguliert war als die nicht phosphorylierte Form. Nur bei männlichen juvenilen Spendern lag in der höchsten exponierten Gruppe (5 W/kg) ein stärkeres Signal der phosphorylierten Form vor. Eine erhöhte Genexpression von HSP27 in den Microarray und den RT-PCR Analysen konnte ebenfalls nur bei der höchsten Expositionsgruppe (5 W/kg) und auch hier nur bei einigen der juvenilen männlichen Spender bestätigt werden. Die Forschungsnehmer bewerten es als eher unwahrscheinlich, dass dieser Effekt biologisch bedeutsam ist.

Der Abschlussbericht sowie die Anhänge 1, 2, 4, 5 und 8 stehen als PDF-Dateien zum Download zur Verfügung. Die Anhänge 3, 6, 7, 9 und 10 enthalten die Rohdaten, die Daten der RT-PCR sowie die Bilddateien der Western-Blots, die aufgrund der Dateigröße hier nicht eingestellt, bei Bedarf jedoch angefordert werden können.

Abschlussbericht (1360 KB)
Anhang 1 (876 KB)
Anhang 2 (56 KB)
Anhang 4 (54 KB)
Anhang 5 (1805 KB)
Anhang 8 - Methodenvergleich (weibliche juvenile Spender) (15 KB)
Anhang 8 - Methodenvergleich (weibliche adulte Spender) (22 KB)
Anhang 8 - Methodenvergleich (männliche juvenile Spender) (16 KB)
Anhang 8 - Methodenvergleich (männliche adulte Spender) (15 KB)

Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich bei Exposition unterhalb der Grenzwerte keine Expressions-Muster erkennen lassen, die auf schädigende Einflüsse der hochfrequenten elektromagnetischen Strahlung auf die menschlichen Lymphozyten schließen ließen. Auch die bei 5 W/kg regulierten Gene lassen keine plausible Deutung zu. Unter den in einzelnen Gruppen regulierten Genen befinden sich solche, deren Funktionen in peripheren Lymphozyten bislang unbekannt sind und zum Beispiel neuronalen Funktionen zugeordnet werden. Darüber hinaus lassen die unterschiedlichsten Funktionen der regulierten Gene keine funktionellen Zusammenhänge erkennen, die auf eine Schädigung der Lymphozyten hinweisen. Die in allen vier Spendergruppen regulierten Gene SLC5A3 und SLC16A6 könnten auf hyperosmotische Effekte in diesen Proben hindeuten (d. h. erhöhte Salzkonzentration z. B. durch Kondensation von Wasser an den Probengefäßen), allerdings sollten dann beide Gene in dieselbe Richtung, d. h. hochreguliert sein, was hier aber nicht der Fall ist. SLC16A6 wird im Gegenteil herunterreguliert. Aus diesem Grund verwerfen die Forschungsnehmer die Möglichkeit hyperosmotischer Effekte in den für 48 Stunden mit 5 W/kg exponierten Proben.

Es konnten auch keine alters- oder geschlechtsspezifischen Effekte ermittelt werden. Nur die Dauer der Kultivierung beeinflusste unabhängig von der Stärke der Befeldung das Expressionsmuster.

Der umfassende Ansatz dieser Studie bot die Möglichkeit, ohne vorherige Einschränkung auf bestimmte Gengruppen, Zielstrukturen oder vermutete Wirkungsweisen Muster von Genen zu erfassen, die durch hochfrequente elektromagnetische Felder des Mobilunks beeinflusst werden und ggf. Hinweise auf zugrundeliegende zelluläre Prozesse geben können. Derartige Muster traten in der vorliegenden Studie jedoch nicht auf. Hinweise auf eine Schädigung der menschlichen Lymphozyten lassen sich aus den Ergebnissen nicht ableiten. Handlungsbedarf im Sinne einer Senkung der Grenzwerte ergibt sich nicht.