Einfluss hochfrequenter elektromagnetischer Felder der Mobilfunkkommunikation auf Sinnesorgane
B. Das visuelle System

Thema

Einfluss hochfrequenter elektromagnetischer Felder der Mobilfunkkommunikation auf Sinnesorgane.
B. Das visuelle System

Beginn

01.07.2004

Ende

30.09.2006

Projektleitung

Universität Oldenburg

Zielsetzung

Zu Effekten hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf die Sinnesorgane liegen nur wenige Studien vor. Die besondere Empfindlichkeit des Auges gegenüber thermischen Effekten ist bekannt. Einige wenige Studien deuten auf mögliche nicht-thermische Effekte der HF-EMF auf die Retina, deren Mechanismus im Einzelnen nicht bekannt ist.

Der Einfluss gepulster (GSM) und nicht gepulster Felder (UMTS) des Mobilfunks soll an empfindlichen Sinnesorganen wie dem Auge untersucht werden. Das Auge bzw. ein Teilpräparat wie z.B. die Retina soll mit verschiedenen Intensitäten unterhalb und oberhalb des zulässigen Teilkörper-SAR-Werts (2 W/kg) exponiert werden. Ein möglicher Feldeinfluss auf physiologische Parameter der Sinneszellen sowie der nachgeschalteten Interneurone und deren synaptischer Kommunikation kann z.B. mit neurophysiologischen Methoden untersucht werden. Die Schwellenwerte eventueller biologischer Effekte sollen bestimmt werden. Der Wirkungsmechanismus ist nach Möglichkeit zu erläutern.

Ziel des Vorhabens ist, mögliche physiologische Effekte von HF EMF auf das visuelle System zu beschreiben und deren Wirkungsmechanismen zu untersuchen, um die gesundheitliche Relevanz beurteilen zu können.

Ergebnisse

Die Forschungsnehmer haben zunächst eine Literaturstudie zu möglichen Einflüssen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf das visuelle System von Menschen und Tieren erstellt. Die wenigen wissenschaftlichen Arbeiten, die es zu diesem Themenschwerpunkt gibt, zeigen, dass thermische Einflüsse auf das Auge unbestritten sind, die Existenz von nicht-thermischen Effekten aber spekulativ ist.

Die Untersuchungen wurden an isolierten Netzhautpräparaten von Mäusen durchgeführt, die sich in einer temperierten Nährlösung befanden. Die Exposition der Präparate mit den Mobilfunkstandards GSM 900, GSM 1800 und UMTS mit den Intensitäten 0,02, 0,2, 2 und 20 W/kg sowie Scheinexposition erfolgte verblindet und voll automatisiert in einem Hohlraumresonator. Durch extrazelluläre Ableitungen mit Glaselektroden wurde die elektrische Aktivität (Nervenimpulse) der Ganglienzellen der Netzhaut als Antwort auf Lichtreize verschiedener Intensität gemessen. Die Expositionsdauer betrug 30 min, die elektrophysiologischen Messungen wurden vor, während und nach der Befeldung durchgeführt. Die Antwort-Latenzen und Nervenimpuls-Raten für Licht-An-(ON) bzw. Licht-Aus-(OFF) Antworten wurden ermittelt und statistisch mittels Dunnet's Test und „General Linear Mixed Model” (GLMM) ausgewertet.

Die statistische Auswertung mittels Dunnet's Test zeigte bei 1344 multiplen Mittelwertvergleichen pro Frequenzband jeweils acht schwach signifikante (p<0,05) Unterschiede gegenüber der Kontrolle für GSM 900 MHz und GSM 1800 MHz und 13 schwach signifikante Unterschiede für UMTS Standard. Diese folgten nicht systematisch dem SAR Wert oder irgendeinem anderen untersuchten Parameter und wurden angesichts der hohen Zahl der paarweisen Vergleiche als statistischer Zufall gewertet. Es wurden keine hochsignifikanten (p<0.01) Unterschiede gefunden.

Die wesentlich empfindlichere statistische Auswertung mittels GLMM zeigte bei insgesamt acht ausgewerteten Parametern pro Frequenzband einen signifikanten Einfluss von SAR unter GSM900 und zwei unter GSM1800. Für UMTS wurde kein signifikanter Einfluss gefunden. Die Signifikanzen sind möglicherweise ein statistischer Zufall, denn sie betreffen jeweils unterschiedliche Parameter der Zellantworten und folgen keinem eindeutigen Muster. Sowohl für die Lichtintensität als auch für die Messreihenfolge und die Temperatur, die um maximal 0,5 °C schwankte, traten wiederholt signifikante Effekte auf. Dies deutet auf eine hohe Empfindlichkeit der Methode hin. Die multivariate statistische Auswertung der kombinierten Einflüsse mehrerer Parameter zeigte ein komplexes Bild, in dem ein thermisch bedingter signifikanter Einfluss der Parameterkombination hochfrequente Exposition und Lichtintensität gezeigt werden konnte.

Zum Download als PDF-Dateien liegen vor:

Abschlussbericht (2,2 MB)

Abschlussbericht - Anhänge (3,3 MB)

Publikationen

Ahlers MT, Bolz T, Bahr A, Ammermüller J (2009) Temperature-controlled exposure systems for investigating possible changes of retinal ganglion cell activity in response to high-frequency electromagnetic fields. Radiat Environ Biophys. 48(2):227-35

Fazit

Unter Verwendung von sehr empfindlichen elektrophysiologischen Methoden sowie einer hochsensitiven statistischen Auswertung wurden einige wenige, statistisch schwach signifikante Einflüsse einer hochfrequenten Exposition mit SAR-Werten im Bereich 0 – 20 W/kg auf die Nervenimpuls-Aktivität des neuronalen Netzwerkes der Netzhaut gefunden. Diese sind höchstwahrscheinlich ein statistischer Zufall. Weiterhin wurden thermisch bedingte Einflüsse der Kombination mehrerer Parameter gefunden. Bei Temperaturschwankungen im Bereich von einigen 0,1 °C, die z. B. auch im Laufe des Tagesrhythmus entstehen, sind geringfügige Schwankungen der Aktivität von neuronalen Netzwerken physiologisch normal. Alle beobachteten Effekte lagen im normalen physiologischen Bereich und bedeuten einen schwachen physiologischen, aber keinen gesundheitlichen Einfluss. Es wurden SAR-Werte von bis zu 20 W/kg untersucht, in der Netzhaut liegen die realistischen Werte während eines Telefonats weit unterhalb des Grenzwertes von 2 W/kg. Deswegen sind unter realistischen Bedingungen auch die hier gezeigten minimalen thermischen Effekte nicht zu erwarten.