Protokoll des Kolloquiums zu ausgewählten Themen der Dosimetrie im Rahmen des Deutschen Mobilfunkforschungsprogramms

BfS Neuherberg, 31. Januar 2005

TeilnehmerInnen (alphabetisch):

Asmuß Bundesamt für Strahlenschutz
Baumann Universität Stuttgart
Böttger Bundesumweltministerium
Bornkessel IMST GmbH
Christ IT'IS Foundation for Research on Information Technologies in Society
Dehos Bundesamt für Strahlenschutz
Detlefsen Technische Universität München
Geisbusch Universität Stuttgart
Georg Ingenieurbüro für Telekom-Consult
Geschwentner   Bundesamt für Strahlenschutz
Hansen Bergische Universität Wuppertal
Jakobus EM Software & Systems GmbH
Landstorfer Universität Stuttgart
Matthes Bundesamt für Strahlenschutz
Mundhenke Bundesumweltministerium
Pophof Bundesamt für Strahlenschutz
Schelkshorn Technische Universität München
Schick EM Software & Systems GmbH
Schmid ARC Seibersdorf research GmbH
Schubert IMST GmbH
Tejero Technische Universität München
Wuschek EM-Institut GmbH
Ziegelberger Bundesamt für Strahlenschutz

Tagesordnung

  1. Begrüßung
  2. Exposition durch Funkanwendungen in unlizenzierten Frequenzbändern
  3. Exposition durch Handys in realen Situationen
  4. Exposition durch digitale Funksendeanlagen
  5. Kleinräumige SAR-Verteilung und thermophysiologische Effekte
  6. Resümee

1. Begrüßung

In Vertretung des Fachbereichsleiters begrüßt Herr Matthes die Teilnehmer. Das Kolloquium dient einer Bestandsaufnahme und dem gegenseitigen fachlichen Informationsaustausch hinsichtlich der Projekte im Bereich Dosimetrie des Deutschen Mobilfunkforschungsprogramms. Das abgestimmte Protokoll wird im Internetportal des DMF veröffentlicht.

2. Exposition durch Funkanwendungen in unlizenzierten Frequenzbändern

a. Forschungsprojekt "Bestimmung der Exposition bei Verwendung kabelloser Übermittelungsverfahren im Haushalt und Büro"

Herr Schmid berichtet ausführlich über das Projekt "Bestimmung der Exposition bei Verwendung kabelloser Übermittelungsverfahren im Haushalt und Büro", das abgesehen von wenigen noch durchzuführenden Messungen weitgehend abgeschlossen ist. Ausgehend von einer Erhebung der Technologien, die in besagten Anwendungsszenarien zum Einsatz gelangen, werden zunächst die messtechnisch zu berücksichtigenden technologischen Besonderheiten der einzelnen Funkstandards herausgearbeitet. Während analoge Systeme wie z.B. Babyphones keine messtechnischen Schwierigkeiten aufwerfen, stellen insbesondere intermittierende, teilweise vom Ausmaß des Datenverkehrs abhängige Emissionen von DECT, Bluetooth und W-LAN Geräten besondere Anforderungen an das Messequipment und an die Interpretation der Messergebnisse durch den Messenden. Am Beispiel des DECT-Standards wird deutlich, dass es aufgrund der Rahmenstruktur und der dynamischen automatischen Frequenzwahl zu Überschätzungen der mittleren Immissionen um mehrere Zehnerpotenzen kommt, wenn - wie häufig praktiziert - Messungen im "MAX HOLD" - Modus eines Spektrumanalysators durchgeführt werden. Es wird empfohlen, die "Channel-Power" - Messung über den gesamten DECT-Frequenzbereich mit Mittelungsfunktion wegen der zeitlichen Schwankungen der Aussendungen anzuwenden. Die Unsicherheit kann so auf 3 - 5 Dezibel (dB) (entspricht etwa einem Faktor 2 - 3 in der Leistungsflussdichte) reduziert werden. Ähnliche durch die Signalstrukturen und die verwendeten Kanalzugriffsverfahren verursachte Probleme treten auch bei der Bluetooth und WLAN Technologie auf. Auch hier sollten "Channel-Power" - Messungen mit Mittelungsfunktion zur Immissionsbestimmung verwendet werden, um die Unsicherheiten auf wenige dB zu reduzieren.

Hinsichtlich der numerischen Berechnung von Immissionsszenarien hat sich das "Ray-Tracing" - Programm "Wireless Insite" (Version 1.6 und höher) als das am besten geeignete Programm herausgestellt. Die Unsicherheit der Ergebnisse im Vergleich mit punktuellen Messungen kann aufgrund von Modellierungsungenauigkeiten und "Fast-Fading" - Effekten in der Größenordnung 10 - 15 dB (entspricht Faktor 10 bis 30) liegen ("Fast-Fading" bezeichnet ein durch Überlagerung direkter und reflektierter Signale entstandenes, räumlich auf kurzer Distanz schwankendes Interferenzmuster). Hinsichtlich räumlich über Körperdimensionen gemittelter Werte - wie in gegenwärtigen Personenschutznormen gefordert - sind jedoch Abweichungen im Bereich unter 3 dB erreichbar, d.h. die Abweichungen sind in der gleichen Größenordnung wie die Messunsicherheit.

Durchgeführte Messungen in realen Szenarien (typischer Arbeitsplatz in der Nähe einer DECT-Basisstation, WLAN-Messungen in einem Krankenhaus) bestätigen die im Labor ermittelten typischen Überwertungen der mittleren Immissionen im "MAXHOLD" - Modus (bis zu 30 dB) ebenso wie die Schwankung der Anzeige bei Kanalleistungsmessungen mit Mittelung über 800 ms (± 3 dB bei 20 s Beobachtungszeit).

Neben der mit großem Aufwand verbundenen "Channel-Power" - Langzeitmessung wird für die Expositionsbeurteilung die Möglichkeit der statistischen Modellierung von Immissionen auf der Basis von einfach durchzuführenden "Worst-Case" - Messungen oder auch numerisch ermittelten "Worst-Case" - Daten vorgestellt. Ein Bewertungsmodell wurde implementiert, welches unter Verwendung real protokollierter oder statistisch modellierter Verkehrsszenarien eine flexible Bestimmung der tatsächlichen Gesamtexposition durch verschiedene sich überlagernde Immissionen ermöglicht.

Hinsichtlich der Höhe der Exposition wird abschließend festgestellt, dass bei Babyphones und ähnlichen Geräten, die Exposition weniger als 0,1% des ICNIRP-Referenzwertes im Abstand von einem Meter beträgt. Bei WLAN Access-Points bleibt sie auch in der Nähe des Geräts unter 1% des Grenzwertes und nimmt bei typischen üblichen Gebrauchsabständen noch wesentlich weiter ab. Bluetooth-Geräte verursachen aufgrund der geringen Sendeleistung (1 mW; 2,5 mW) noch weitaus geringere Immissionen im Vergleich zu WLAN Geräten.

Herr Schmid plädiert dafür, neben Werten, die mit "MAX-HOLD" - Messungen ermittelt wurden, immer auch realistische Daten entweder aus "Channel-Power" - Messungen oder mit Hilfe statistischer Verkehrsanalysen anzugeben und zu kommunizieren.

Herr Wuschek stimmt der Vorgehensweise und der Interpretation der Ergebnisse zu, betont jedoch, dass aus seiner Sicht die Angabe von "MAX-HOLD" - Werten durchaus auch für die Risikokommunikation sinnvoll ist, solange man deutlich macht, dass es sich um absolute Maximalwerte handelt, die real unterschritten werden. Auf die Frage, welche SAR-Werte sich bei Minimalabständen ergaben, weist Herr Schmid darauf hin, dass entsprechende Messungen aktuell laufen. Die ersten Testmessungen ergaben gerade noch messbare SAR-Werte.

Die Folien des Vortrags liegen zum Download als PDF (1.178 kB) vor.

b. Forschungsprojekt "Bestimmung der realen Feldverteilung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern in der Umgebung von Wireless LAN Einrichtungen (WLAN) in innerstädtischen Gebieten"

Nach einem Ausblick auf die durchzuführenden Arbeiten in den einzelnen Arbeitspaketen des Projekts "Bestimmung der realen Feldverteilung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern in der Umgebung von Wireless LAN Einrichtungen (WLAN) in innerstädtischen Gebieten" (Projektstart 11/04) durch Herrn Schmid, stellt Herr Georg die Ergebnisse der für dieses Projekt bereits durchgeführten Erhebung von potenziell zu untersuchenden Szenarien vor. Für die Indoor-Szenarien ist das Terminal 2 des Flughafen Frankfurt/Main vorgesehen sowie eine Filiale der "Star Coffee" - Kette in Heidelberg. Zusätzlich sind Messungen während der CeBIT 2006 in Hannover geplant. Neben WLAN-Immissionen sollen hier zusätzlich auch diejenigen von GSM, UMTS, DECT und BOS gemessen werden. Für die Outdoor-Szenarien sind der Europaplatz sowie die Freifläche vor der "Halle 400" in Kiel vorgesehen. Als Alternative für letztgenanntes Szenario wird, wie mit dem BfS im Vorfeld besprochen, der Campus der Universität Stuttgart vorgeschlagen, auf dem eine unentgeltliche WLAN-Nutzung für Studierende und Universitätsmitarbeiter bereitgestellt wird. Dieses Szenario wird favorisiert, da hier mit einem hohen Nutzeraufkommen gerechnet werden kann, auch wenn der Benutzerkreis auf Studenten und Mitarbeiter beschränkt ist. Herr Georg weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass seiner Beobachtung nach - und auch nach Auskunft der jeweiligen "Hot Spot" - Betreiber - die tatsächliche Nutzung der Einrichtungen in der Regel äußerst gering sei. Auch auf der CeBIT könne nicht automatisch von einem hohen Verkehrsaufkommen ausgegangen werden, da die Nutzung der WLAN-Hot Spots 10 € / Stunde koste. Für das Outdoor-Szenario mit Außenversorgung von Wohnungen werden Versorgungsgebiete der Firma FlyConnect in Kiel vorgeschlagen. Vor dem Hintergrund des aufkommenden WiMAX-Standards weist Herr Georg darauf hin, dass Geschäftsmodelle wie in Kiel, also die Breitbandversorgung von Wohnungen durch Outdoor-WLAN-Accesspoints, sich seiner Meinung nach nicht durchsetzen werden. Man wolle den Markt weiter beobachten und Mitte 2005 zusammen mit dem BfS entscheiden, ob nicht ggf. statt dessen erste WiMAX-Szenarien vermessen werden sollen.

Es wird diskutiert, inwiefern die Erkenntnisse hinsichtlich der geringen Nutzung von öffentlich zugänglichen WLAN-Hot Spots dem prognostizierten Nutzerverhalten widersprechen. Herr Georg weist darauf hin, dass auch eine Erhebung von WIK (Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste; wik-Diskussionsbeitrag Nr. 252, Mai 2004: "Der Markt für Public Wireless LAN in Deutschland") gezeigt habe, dass kostenpflichtige WLAN-Angebote in der Praxis bislang kaum angenommen werden.

Die Folien des Vortrags liegen zum Download als PDF (861 kB) vor.

3. Exposition durch Handys in realen Situationen

In einer kurzen Einleitung stellt Herr Georg exemplarisch die Leistungsregelung von Mobilfunkendgeräten anhand von ausgelesenen Daten aus Handys dar.

Die Folien der Einführung liegen zum Download als PDF (168 kB) vor.

a. Forschungsprojekt "Bestimmung der spezifischen Absorptionsrate (SAR-Werte), die während der alltäglichen Nutzung von Handys auftritt"

Die Resultate des Projekts "Bestimmung der spezifischen Absorptionsrate (SAR-Werte), die während der alltäglichen Nutzung von Handys auftritt" werden von den Herren Baumann, Landstorfer und Schick vorgestellt.

Herr Baumann weist zunächst darauf hin, dass das Regelverhalten in GSM-Netzen u.a. vom Netzbetreiber, vom Ausrüster der Basisstation und von der Versorgungslage abhängig ist und damit nur begrenzt vorhersehbar sei. Theoretisch ist eine hohe Sendeleistung des Handys beim Gesprächsaufbau, beim Wechsel der Zelle und bei schlechter Versorgung zu erwarten. In der Praxis wurde die Sendeleistung zunächst bei einer Autofahrt durch Stuttgart und Umgebung gemessen. Dazu wurde ein entsprechend präpariertes Messhandy an einem SAR-Messkopf fixiert und auf dem Beifahrersitz positioniert. Die Analyse der Ergebnisse zeigte, dass die Messungen durchaus reproduzierbar sind (mehrfaches Durchfahren der gleichen Strecke ergibt nahezu identische Messergebnisse) und dass die Messwerte des SAR-Messkopfs linear mit den ausgelesenen Sendeleistungspegeln der Telefone zusammenhängen. Mittels eines Videos, das die Korrelation von Messwerten mit der Messfahrt zeigt, wird u. a. demonstriert, dass es unter bestimmten Bedingungen auch ohne Bewegung des Handys zu "Handovers" (Zellwechsel) kommen kann. Im gezeigten Fall befand sich eine Zellgrenze offensichtlich genau an einer Ampelkreuzung, so dass aufgrund einer kurzfristigen Änderung von Ausbreitungsbedingungen ein wiederholter Zellwechsel durchgeführt wurde ("Ping Pong Handover"), obwohl das Fahrzeug vor der roten Ampel warten musste. Allgemein waren die gemessenen SAR-Werte in der Stadt niedriger als außerhalb.

Auch bei Tests mit Probanden in verschiedenen Büroräumen (GSM 1800, 30 min Telefonate, "Handover" ausgeschlossen) wurde die Sendeleistung während des Gesprächs mehrfach auf das Maximum hochgeregelt, obwohl dies nicht durch eine Haltungsänderung der Probanden erklärbar war.

Hinsichtlich des Regelverhaltens von UMTS stellt Herr Landstorfer die Unterschiede zu GSM vor. Die Regelung bei UMTS erfolgt dynamischer und in kleineren Stufen. Der Verbindungsaufbau erfolgt nicht mit maximaler Sendeleistung, sondern mit einer Leistung von unter 1 mW. Die mittlere Sendeleistung bei einem Telefonat in einem Raum, der ca. 650 m entfernt zum nächsten "NodeB" (UMTS Basisstation) gelegen war, lag etwa bei 5 mW. Auch beim Zellwechsel erfolgt kein Hochregeln der Sendeleistung, so dass insgesamt selbst dann mit deutlich niedrigeren SAR-Werten im Vergleich zu GSM gerechnet werden kann, wenn in Zukunft die UMTS-Netze stärker ausgelastet sein werden.

Die Folien des Vortrags liegen zum Download als PDF (2.551 kB) vor.

Anschließend geht Herr Schick auf die rechnerische Ermittlung des Zusammenhangs zwischen der Sendeleistungsstufe des Mobiltelefons und dem resultierenden SAR-Wert mit dem Programmpaket "FEKO" ein. Hierfür wurde zunächst das numerische Berechnungsmodell eines Nokia 6150 mit Hilfe von Röntgenaufnahmen entwickelt. Die Verifikation des Modells mit Vergleichsmessungen wurde an quaderförmigen Box- und homogenen Kopfphantomen durchgeführt. Das Handy wurde in "Touch"- (Kopfberührung) und "Tilt"-Position (15° von der Wange des Kopfphantoms weg rotiert) gehalten. Die elektrischen Feldstärken wurden gemessen bzw. berechnet und anschließend an der Stelle maximalen Energieeintrags in einen über 10 g gemittelten SAR-Wert umgerechnet. Es ergaben sich SAR-Werte um 0,5 W/kg. Die maximale Abweichung von berechneten und gemessenen SAR-Werten lag bei 0,64 dB. Im weiteren Projektverlauf sind hier noch weitere exemplarische Berechnungen vorgesehen.

Die Folien des Vortrags liegen zum Download als PDF (1.041 kB) vor.

b. Forschungsprojekt "Bestimmung der realen Exposition bei Handynutzung in teilgeschirmten Räumen im Vergleich zur Exposition unter günstigen Bedingungen im Freien"

Herr Georg gibt zum Abschluss dieses Themenblocks einen kurzen Ausblick auf das Projekt "Bestimmung der realen Exposition bei Handynutzung in teilgeschirmten Räumen im Vergleich zur Exposition unter günstigen Bedingungen im Freien", mit dessen Bearbeitung aber erst am 01.12.04 begonnen wurde und somit derzeit noch keine Ergebnisse vorliegen.

Auf die Frage, inwiefern die Daten des SAR-Messkopfs der Firma Maschek in die weitere Auswertung eingingen, versichert Herr Jakobus, dass diese nur zum Zwecke der Qualitätskontrolle mitprotokolliert würden, die Bestimmung der SAR-Werte aber in jedem Fall rechnerisch aus den aufgezeichneten Sendeleistungsstufen der Telefone erfolgen wird. Herr Schick bejaht die Frage, ob bei den Berechnungen der Einfluss der Hand des Benutzers mitberücksichtigt wird.

Die Folien des Vortrags liegen zum Download als PDF (108 kB) vor.

4. Exposition durch digitale Funksendeanlagen

a. Forschungsprojekt "Entwicklung von Mess- und Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Exposition der Bevölkerung durch elektromagnetische Felder in der Umgebung von Mobilfunk-Basisstationen"

Zunächst stellt Herr Bornkessel die Ergebnisse des abgeschlossenen Projekts "Entwicklung von Mess- und Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Exposition der Bevölkerung durch elektromagnetische Felder in der Umgebung von Mobilfunk-Basisstationen" vor. Ausgangspunkt war u. a. die Frage nach den Ursachen der teilweise sehr unterschiedlichen Ergebnisse verschiedener publizierter Messkampagnen. Im Rahmen einer Immissionsanalyse wurde die Höhe des Emissions- und Immissionsortes als maßgeblicher Bestimmungsfaktor der großskaligen örtlichen Immissionsvariation identifiziert. Die unterschiedliche Messortauswahl in den verschiedenen Kampagnen kann für eine Variation der Messwerte bis zu einem Faktor 100.000 (bezogen auf Leistung) verantwortlich gemacht werden. Kleinskalige örtliche Schwankungen durch "Fast Fading" in Innenräumen können durchaus 20 dB und mehr betragen. Die zeitlichen Schwankungen sind nachts gering, tagsüber stärker. Aufgrund des Fadings (s.o.) wird die Messung an einem fixen Ort (z. B. Antenne auf Stativ) als nicht sinnvoll angesehen. Vielmehr ist die Maximalwertsuche in einem örtlich begrenzten Volumen vorzugsweise mit der Schwenkmethode durchzuführen, da diese bei sorgfältiger Durchführung vergleichbare Ergebnisse wie die aufwändigeren Dreh- und Punktrastermethoden liefert. Sofern die Messpunkte nicht vorgegeben sind, sind Orte mit direkter Sicht zur Anlage, die sich auf gleicher bzw. geringfügig niedriger Höhe wie die Basisstation befinden und die sich in direkter horizontaler Ausrichtung zu einer Antenne (Sektormitte) im geringen lateralen Abstand zur Anlage befinden, als Messorte auszuwählen. Fenster und Balkontüren sind während der Messung zu öffnen. Als Messwertaufnehmer sind vorzugsweise logarithmisch-periodische Antennen wegen der geringen Beeinflussung durch den Messenden zu empfehlen. Die Vorgaben der 26. BImSchV verlangen Maximalwertsuche und Hochrechnung auf maximale Anlagenauslastung. Sie können mit den vorgestellten Methoden erfüllt werden.

Im Anschluss stellt Herr Schubert die numerischen Berechnungen im Projekt und die entsprechende Evaluierung der verwendeten Softwarepakete vor. Für die geeignete Behandlung der Abstrahlcharakteristik von Basisstationen in Abhängigkeit von der verwendeten Antenne, der Montageumgebung, der Frequenz und dem elektrischen "Downtilt" (Neigung der Hauptstrahlrichtung der Antenne nach unten) wird eine synthetisierte Abstrahlcharakteristik vorgeschlagen, die durch das "Auffüllen" auf den maximalen Wert im Bereich der Nebenzipfel gekennzeichnet ist. Ausgewählte Outdoor-Szenarien wurden modelliert, mit den getesteten Programmen simuliert sowie anschließend mit Messergebnissen vor Ort verglichen. Für den Vergleich wurden zwei Programme, die auf Freiraumausbreitung basieren, sowie drei, die nach dem Prinzip der Strahlenoptik arbeiten, ausgewählt. Feldtheoretische bzw. hybride Verfahren sind für diesen Einsatzweck zu aufwändig. Bei "Line of Sight" - Konfigurationen (LoS), d.h. bei gegebener Sichtverbindung zwischen Emissions- und Immissionsort, zeigten alle Programme gute Übereinstimmung mit den Messwerten, wenn es auch vereinzelt zur Unterschätzung der tatsächlichen Immission kommen kann. Bei nLoS Szenarien (also bei nicht gegebener Sichtverbindung) liefern die strahlenoptischen Verfahren erwartungsgemäß genauere Ergebnisse, unterschätzen teilweise aber auch hier die tatsächliche Immission. Im Vergleich zu den auf Freiraumausbreitung basierenden Programmen sind sie zudem sehr viel aufwändiger. Diese überschätzen zwar die Immissionen, aber bei Berücksichtigung einer pauschalen Gebäudedämpfung liefern sie überraschend gute Ergebnisse.

Herr Hansen und Herr Landstorfer zeigen sich überrascht, dass auch mit den recht einfachen Programmen eine gute Übereinstimmung mit den Messwerten gefunden werden konnte. Herr Bornkessel bekräftigt, dass die gezeigte Übereinstimmung keinen singulären Fall darstellt, sondern in vielen Szenarien verifiziert wurde.

Die Folien des Vortrags liegen zum Download als PDF (1.989 kB) vor.

b. Forschungsprojekt "Bestimmung der Exposition der Bevölkerung in der Umgebung von digitalen Rundfunk- und Fernsehsendern"

Im Zusammenhang mit dem Projekt "Bestimmung der Exposition der Bevölkerung in der Umgebung von digitalen Rundfunk- und Fernsehsendern" (Projektstart 10/04) weist Herr Bornkessel auf Diskrepanzen der Aussagen zu den Auswirkungen auf die Immissionssituation hin, die im Zusammenhang mit der Umstellung von analogem zu digitalem terrestrischem Fernsehen stehen. Berechnungen des NDR zeigen z. B., dass in Schleswig-Holstein Orte mit einer Immissionsreduzierung überwiegen werden, während die "miniWatt" - Studie des BMBF prognostiziere, dass zumindest in "portable-indoor" - Regionen, also in Regionen, in denen die Feldstärke in Innenräumen von Gebäuden zum Empfang des DVB-T-Signals mit einer einfachen Stabantenne ausreicht, keine Expositionsreduzierung zu erwarten sei.

Herr Schubert stellt im Anschluss erste Ergebnisse des Projekts dar. Auf Basis der Planungen der Programmanbieter und Landesmedienanstalten wurde ein Vergleich der installierten Sendeleistung vor und nach der Umstellung für die Regionen Berlin und Bremen / Unterweser durchgeführt. Bezüglich der mittleren installierten Sendeleistung ist keine allgemeingültige Aussage möglich, da die Umstellung nicht flächendeckend sondern inselförmig geschieht und in den Außenbereichen der Versorgungsgebiete sowohl analoge wie digitale Programme zu empfangen sind. Darüber hinaus ist nicht geklärt, wie mit analogen Füllsendern der öffentlich-rechtlichen Programmanbieter verfahren wird. Auch zu berücksichtigen ist, dass mit DVB-T die Anzahl der Programme von weniger als 10 auf weit mehr als 20 steigt. Hinsichtlich DAB / UKW wurde ein Vergleich der installierten Sendeleistung des Senders WDR2 in NRW vorgenommen. Anders als DVB-T wird DAB parallel zu der analogen Ausstrahlung der Programme betrieben und ist bereits nahezu flächendeckend zu empfangen. Die installierte Sendeleistung für WDR2 über DAB ist um den Faktor 178 geringer verglichen mit der analogen Sendeleistung.

In der anschließenden Diskussion wird die Nachfrage, ob eine Abschaltung der UKW Sender in Zukunft absehbar sei, von Herrn Schubert verneint. Herr Hansen mutmaßt, dass aus seiner Sicht durch die angestrebte "portable indoor" - Versorgung bei DVB-T keine Reduzierung der Immissionen zu erwarten sein wird. Herr Bornkessel weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass z. B. in NRW "portable indoor" für das gesamte Ruhrgebiet vorgesehen ist.

Herr Landstorfer erkundigt sich, ob bei DAB auch Sender im L-Band (1,4 GHz) berücksichtigt wurden. Herr Schubert weist darauf hin, dass dieser Frequenzbereich für lokale Sender reserviert ist und in NRW noch keine Vergabe stattgefunden hat. Auf die Frage, wie die Messpunkte für die geplanten Vorher- / Nachher-Messungen ausgewählt werden, antwortet Herr Wuschek, dass man hier sowohl eine systematische Auswahl z. B. in Abhängigkeit von der Entfernung zum Sender anstrebt, aber sich zusätzlich auch an den Messorten der Messkampagne des bayerischen Umweltministerium orientieren will. Bei dieser Auswahl handelt es sich um zufällig ausgewählte Messorte, bei denen aber gewährleistet ist, dass besonders viele Messpunkte in dicht besiedelten Gebieten liegen.

Die Folien des Vortrags liegen zum Download als PDF (689 kB) vor.

c. Forschungsprojekt "Bestimmung der realen Feldverteilung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern in der Umgebung von UMTS-Sendeanlagen"

Zum Abschluss dieses TOPs stellt Herr Wuschek die Ziele des Projekts "Bestimmung der realen Feldverteilung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern in der Umgebung von UMTS-Sendeanlagen" vor (Projektstart 12/04). Neben der Erarbeitung einer Messvorschrift, dem Aufzeigen möglicher Messfehler und Messunsicherheiten wird die praktische Messung in der Umgebung von UMTS-Anlagen einen Schwerpunkt bilden. Ergänzend werden numerische Berechnungsverfahren bzw. Softwarepakete evaluiert und auch vergleichende Untersuchungen zu GSM-Immissionen durchgeführt.

Die Folien des Vortrags liegen zum Download als PDF (70 kB) vor.

5. Kleinräumige SAR-Verteilung und thermophysiologische Effekte

a. Forschungsprojekt "Bestimmung der Expositionsverteilung von HF-Feldern im menschlichen Körper, unter Berücksichtigung kleiner Strukturen und thermophysiologisch relevanter Parameter"

Herr Schmid präsentiert die Zwischenergebnisse des Projekts "Bestimmung der Expositionsverteilung von HF-Feldern im menschlichen Körper, unter Berücksichtigung kleiner Strukturen und thermophysiologisch relevanter Parameter" (Projektstart 11/03). Ausgehend von aktuellen Auflösungen anatomischer menschlicher Körpermodelle mit Voxelkantenlängen im Bereich von einem Millimeter wird die Zielsetzung verfolgt, einzelne Organe (namentlich Innenohr, Auge, Hautschichten, Pinealdrüse) detaillierter aufzulösen. Ziel ist eine Auflösung von etwa 0,1 mm. Mit so gewonnenen hochaufgelösten Modellen soll sodann unter Berücksichtigung der Gewebedurchblutung die Absorptionsverteilung detaillierter bestimmt und eine Bewertung der Ergebnisse hinsichtlich gegenwärtig geltender Vorschriften zur zeitlichen und räumlichen Mittelung von SAR-Werten erfolgen.

Die hochaufgelösten Modelle werden aus Gefrierschnitten von Human-Gewebeproben gewonnen und in bestehende Kopfmodelle integriert. Für das Innenohr ist bereits ein sehr detailliertes Modell mit Bogengängen, Cochlea, Trommelfell sowie den drei Gehörknöchelchen Steigbügel, Hammer, Amboss entwickelt worden. Für das Modell der Pinealdrüse werden derzeit Gefrierschnitte angefertigt. Da auch die dielektrischen Gewebeparameter (Permittivität und Leitfähigkeit) der Organe derzeit nicht bekannt sind, sind Messungen an Humangewebe geplant. Hierfür wurde bereits ein Sensor mit besonders kleinem Durchmesser entwickelt. Auch ein Kalorimeter zur Bestimmung der thermischen Gewebeparameter (spezifische Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit) von kleinen Gewebeproben wird derzeit optimiert. Die Berechnungen werden mit dem FDTD-Programmpaket "SEMCAD" durchgeführt, das sowohl für elektromagnetische wie auch für thermische Fragestellungen eingesetzt werden kann. Erste Berechnungen zeigen, dass der Temperaturanstieg in der Haut bei gepulster Befeldung nach GSM-Spezifikation geringer ist im Vergleich zur Befeldung mit kontinuierlichen Signalen gleicher mittlerer Leistung.

Bis Mitte des laufenden Jahres soll die Modellentwicklung abgeschlossen werden. Anschließend werden die Modellrechnungen und die Bewertung der Resultate im Hinblick auf zeitliche und räumliche Mittelungsvorschriften durchgeführt.

In der anschließenden Diskussion führt Herr Schmid aus, dass bei der Entwicklung der Messsonde für die dielektrischen Eigenschaften der Gewebeproben eine Kalibrierung der Sonde unter der Voraussetzung ausreicht, dass das Verhältnis Innen- zu Außenleiter konstant bleibt und man Abstrahlung vernachlässigt. Angesprochen auf die "Bioheat Transfer Equation" (mathematische Gleichung die den Wärmetransport im Körper beschreibt) führt Herr Schmid weiter aus, dass die thermoregulatorischen Funktionen des Körpers im Detail (d. h. im Hinblick auf das Antwortverhalten des Körpers) nicht modelliert werden. Sehr wohl soll aber der Einfluss von typischerweise zu erwartenden Veränderungen des Wärmeabtransportes (im Körper durch Variation der Durchblutung) untersucht werden.

Die Folien des Vortrags liegen zum Download als PDF (519 kB) vor.

b. Forschungsprojekt "Exposition durch körpernahe Sender im Rumpfbereich"

Herr Christ berichtet im Anschluss über erste Ergebnisse des Projekts "Exposition durch körpernahe Sender im Rumpfbereich" (Projektstart 08/04). Zielsetzung ist die Bestimmung der Absorption elektromagnetischer Strahlung in biologischem Gewebe des Rumpfbereichs des menschlichen Körpers. Hierzu ist der Einfluss der Gewebezusammensetzung auf die Absorption im Nah- und Fernfeld von Antennen zu untersuchen. Erste Berechnungen mit generischen Modellen zeigen, dass das homogene Modell in Szenarien mit Kontakt von emittierenden Gerät und Körper bei Mobilfunkfrequenzen (900 MHz und darüber) nur bei Abständen unter 50 mm konservativ ist, also Maximalwerte liefert, die in der Realität auch im schlimmsten Fall nicht überschritten werden. Bei einem Abstand von wenigen Zentimetern zwischen Modell und Antenne können Fernfeldeffekte auftreten, die in Abhängigkeit von der Körperfettschicht zu SAR-Werten führen können, die um den Faktor 2 über den Werten im homogenen Modell liegen. Der Effekt wurde für den Fernfeldfall sowohl mit verschiedenen numerischen Verfahren als auch in einem anatomischen Modell reproduziert. Er lässt sich auf Stehwelleneffekte zurückführen, die sich in Abhängigkeit von der Frequenz, der Fettschichtdicke und dem Abstand zwischen Antenne und Körper unterschiedlich stark auswirken. Weiterhin wurde bei niedrigen Frequenzen (unter 450 MHz) in geschichtetem Gewebe ebenfalls ein Anstieg des SAR-Werts beobachtet, der vorwiegend bei elektrisch kurzen Antennen auftritt. Zu den beobachteten Effekten sind weitere Untersuchungen notwendig.

Nach Klärung einiger Rückfragen wird intensiv über die Verwendung des "Visible Human" - Phantoms und der Repräsentativität des Modells für die europäische Bevölkerung diskutiert. Herr Christ weist darauf hin, dass weitere Modelle entwickelt werden, so sei z. B. das Modell einer Frau und auch die Verwendung eines speziellen Kindermodells geplant.

Die Folien des Vortrags liegen zum Download als PDF (405 kB) vor.

6. Resümee

Herr Matthes dankt zum Abschluss des Kolloquiums den Vortragenden. Einige der vorgestellten Ergebnisse waren so nicht unbedingt zu erwarten, so z.B. die ersten Abschätzungen hinsichtlich DVB-T oder auch die Erkenntnisse bzgl. der mittleren Belastung beim Telefonieren mit Mobilfunktelefonen. Auf die Frage, ob es Vorschläge oder Anregungen hinsichtlich des weiteren Vorgehens gibt, wird ausführlich diskutiert, ob bei der Ermittlung der realen Exposition durch Handys neben einer zeitlichen Mittelung auch eine räumliche Mittelung durchzuführen ist. Hierzu bestehen unterschiedliche Auffassungen. Die Teilnehmer schließen sich der Aussage an, dass Ergebnisse aus den dosimetrischen Projekten auch in den epidemiologischen Projekten berücksichtigt werden sollen.