Protokoll des Fachkolloquiums Risikokommunikation vom 21.11.2005

am 21.11.2005 von 10:00 bis 16:30 Uhr

Bundesamt für Strahlenschutz, Ingolstädter Landstr. 1, 85764 Neuherberg (Organisation: C. Pölzl)

Teilnehmer (alphabetisch)

Dr. M. Asmuß (BfS, AG NIR, Nichtionisierende Strahlung)

Dr. C. Baldermann (BfS, AG NIR, Nichtionisierende Strahlung)

J. Belz (infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH)

Dr. F. Büllingen (WIK – Wissenschaftliches Institut für Kommunikationsdienste GmbH)

C. Egblomassé (BfS, AG NIR, Nichtionisierende Strahlung)

D. Geschwentner (BfS, AG NIR, Nichtionisierende Strahlung)

H. Jahraus (SG 1.3, Strahlenrisiko, Modelle und Konzepte)

Dr. T. Jung (Leiter: SG 1, Strahlenwirkungen – und risiko)

PD Dr. M. Kreuzer (SG 1.2, Strahlenepidemiologie)

Dr. K. Martignoni (SG 1.3, Strahlenrisiko, Modelle und Konzepte)

R. Matthes (Leiter: BfS, AG NIR, Nichtionisierende Strahlung)

Dr. R. Mundhenke (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit)

C. Pölzl (BfS, AG NIR, Nichtionisierende Strahlung) (Protokollführerin)

Prof. Dr. O. Renn (DIALOGIK gGmbH)

M. Ruddat (DIALOGIK gGmbH)

A. Sautter (DIALOGIK gGmbH)

A. Schröder (BfS, PB2, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit)

H. Schütz (Programmgruppe Mensch, Umwelt, Technik, Forschungszentrum Jülich)

F. Ulmer (DIALOGIK gGmbH)

S. Ulmer (KATALYSE Institut für angewandte Umweltforschung)

Dr. E. Vogel (Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz)

R. Wienert (Forschungszentrum für Elektromagnetische Umweltverträglichkeit, Rheinisch-Westfälische TH Aachen)

Dr. G. Ziegelberger (BfS, AG NIR, Nichtionisierende Strahlung)

  1. Begrüßung
  2. Besorgtheit, Informiertheit und Informationsbedürfnis
  3. Empfehlungen für die Gestaltung von Informationsmaßnahmen
  4. Bisherige Erfahrungen mit Informationsmaßnahmen
  5. Resümee

  1. Begrüßung

    Herr Matthes eröffnet das Kolloquium. Er weist auf die Bedeutung der Risikokommunikation im Zusammenhang mit der in der Öffentlichkeit geführten Diskussion um gesundheitliche Auswirkungen des Mobilfunks und insofern auf die besondere Bedeutung im Rahmen des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramm hin. Der Forschungsschwerpunkt Risikokommunikation im DMF umfasst insgesamt 7 Forschungsvorhaben (ca. 15 % der Gesamtmittel des DMF). 2 Vorhaben sind bereits abgeschlossen. Bei 2 weiteren Vorhaben sind die Arbeiten abgeschlossen, die endgültige Abnahme der Abschlussberichte steht jedoch noch aus. 3 Vorhaben werden derzeit noch bearbeitet. Herr Matthes weist darauf hin, dass zudem 2 Projekte die ´Konfliktschlichtung´ bzw. die ´Information auf der lokalen Ebene´ zum Gegenstand der Untersuchungen haben. Da der Schwerpunkt des Kolloquiums auf der Gestaltung von Informationsmaßnahmen liegt, werden diese beiden Projekte hier nicht besprochen.

  2. Besorgtheit, Informiertheit und Informationsbedürfnis

    2.1.Vortrag und Diskussion zum Projekt "Ermittlung der Befürchtungen und Ängste der breiten Öffentlichkeit hinsichtlich möglicher Gefahren der hochfrequenten elektromagnetischen Felder des Mobilfunks - jährliche Umfragen"

    Frau Belz stellt die Ergebnisse der diesjährigen Umfrage 2005 vor. Die Untersuchungsanlage sieht vor, dass in den Jahren 2003 – 2006 jährlich 2500 Personen anhand einer deutschlandweit repräsentativen Stichprobe zu ihrer Wahrnehmung des Mobilfunks und ihrer diesbezüglichen Besorgnis befragt werden. Im Jahr 2003 wurde als Schwerpunkt eine kleine Stichprobe reiner Mobilfunknutzer befragt. Im Jahr 2004 wurde der Fokus auf die Kenntnis und Anwendung von Vorsorgemaßnahmen gelegt, im Jahr 2005 lag der Schwerpunkt schließlich bei einer differenzierteren Betrachtung der geäußerten Besorgnis.

    Im jährlichen Vergleich weisen die Ergebnisse eine hohe Stabilität auf, Veränderungen sind in kaum einem Bereich zu finden. Der Stellenwert des Themas Mobilfunk bezogen auf den Grad der Besorgtheit im Vergleich zu verschiedenen potenziellen Einflüssen auf die Gesundheit hat sich im Lauf der letzten Jahre kaum verändert. Mobilfunk hat im Vergleich zu anderen möglichen Einflüssen (wie z.B. Luftverschmutzung, Verzehr von Fleisch aus unbekannter Herkunft, Nebenwirkung von Medikamenten, Teilnahme am Straßenverkehr, etc.) auch weiterhin einen relativ geringen Stellenwert. Die Mobilfunknutzung ist im Vergleich zur letztjährigen Befragung etwas gestiegen. Veränderungen zeigen sich insbesondere in der Mobilfunknutzung älterer Personen, wobei sich dies eher auf die Tatsache des Telefonierens an sich und weniger auf das Ausmaß der Telefonate bezieht. Neue Funktechnologien wie UMTS, WLAN, aber auch Anwendungen wie WAP oder MMS werden generell nur in geringem Maß genutzt. Im Jahresvergleich der Besorgnis und Beeinträchtigung wegen elektromagnetischer Felder des Mobilfunks zeigt sich ebenfalls eine deutliche Konstanz der Ergebnisse. Wichtige Einflussgrößen auf die Wahrscheinlichkeit, zu der Gruppe der "Besorgten" zu gehören, sind z.B. das Alter, der Schulabschluss, die Herkunftsregion und der Grad der Informiertheit über elektromagnetische Felder. So ist z.B. der Anteil besorgter Personen in den höheren Altersgruppen, ebenso wie im Südwesten Deutschlands, oder auch bei den höher Gebildeten größer. Als stärkste Quelle sowohl für die Sorgen als auch für die Beeinträchtigung in Bezug auf EMF wird am häufigsten die Mobilfunksendeanlage genannt, dicht gefolgt vom Handy. Das Informationsverhalten und der Informationsstand der Bevölkerung haben sich ebenfalls nicht verändert. In der Befragung 2005 wurden etwas häufiger Gespräche mit Bekannten/Verwandten bzw. am Arbeitsplatz als Informationsquelle genannt als noch 2004, auch das Internet hat ebenso wie Bürgerinitiativen geringfügig an Relevanz gewonnen. Sowohl bei den Nennungen der tatsächlichen als auch bei den befürchteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind hohe Anteile an unspezifischen Nennungen zu verzeichnen.

    Erstmals abgefragt wurde im Jahr 2005 die Wahrnehmung der Kompetenz verschiedener Institutionen bzw. Personen im Zusammenhang mit dem Thema Mobilfunk und Gesundheit. Hier liegen Vertreter von Wissenschaft, Instituten oder Universitäten deutlich vorne, gefolgt von Medien, Ärzten und Bürgerinitiativen. Interessanterweise erachten die Befragten den einzelnen Bürger – und somit auch sich selbst – als am wenigsten kompetent.

    Der SAR-Wert hat sowohl bezüglich seiner Bekanntheit als auch bezüglich seiner Bedeutung für die Kaufentscheidung gegenüber der letztjährigen Befragung etwas zugenommen. Die Wahrnehmung von Vorsorgemaßnahmen und deren Anwendung haben sich hingegen kaum verändert. Nur ein sehr kleiner Anteil der Bevölkerung hat schon einmal über Vorsorgemaßnahmen nachgedacht oder tatsächlich welche ergriffen. Dabei betreffen die meisten Maßnahmen den Umgang mit dem Handy.

    Diskussion

    Die Erklärungskraft der einzelnen Variablen in dem multivariaten Modell (logistische Regression) wird diskutiert. Dabei ist von Interesse, ob aus dem Modell herausgelesen werden kann, ob demografische Merkmale eine geringere Erklärungskraft haben als Einstellungsmerkmale. Der Datenpool zu Einstellungsmerkmalen ist jedoch zu gering, um daraus eine Tendenz ablesen zu können. Es wird darauf hingewiesen, dass bei der Betrachtung der multivariaten statistischen Auswertung neben der Frage der Signifikanz von Effekten insbesondere auch die Stärke der einzelnen Effekte von Interesse ist. Die aufgrund der Datenbasis verwendete logistische Regression ist jedoch nicht geeignet, um die Stärke der Effekte zu berücksichtigen.

    Es wird angemerkt, dass die Angabe zur Bekanntheit des SAR-Wertes relativ hoch erscheint. Frau Belz weist darauf hin, dass es sich hierbei nicht um eine Abfrage des objektiven Wissensstandes, sondern der subjektiven Bekanntheit des Begriffes handelt.

    Im Zuge der Diskussion wird klar gestellt, dass – abweichend von dem Projekttitel – das psychologische Konstrukt der Angst nicht näher untersucht wird. Entsprechend dem Untersuchungskonzept des BfS konzentriert sich die Befragung auf die Erhebung der Besorgnis.

    Thematisiert wird, dass im Vergleich zu allgemeinen Gesundheitssurveys der Anteil der Befragten mit Kopfschmerzen in der vorliegenden Befragung relativ gering ausfällt. Dies wird damit erklärt, dass die tatsächlichen Mengenverhältnisse bezogen auf die Gesamtbevölkerung schwer abzuleiten sind, da es sich durch die Filterführung nur um eine Auswahl von Personen handelt, die diese Frage beantworteten.

    2.2.Vortrag und Diskussion zum Projekt "Ergänzende Informationen über Elektrosensible"

    Ziel der von Herrn Ulmer vorgestellten Untersuchung war es herauszufinden, ob elektrosensible Personen hinsichtlich sozio- und psychografischer Merkmale als einheitliche Gruppe angesehen werden können und welche Konsequenzen sich aus den Erkenntnissen für die Ausrichtung von Kommunikations- und Informationsmaßnahmen ergeben. Dabei wurde klar hervorgehoben, dass es nicht Ziel der Studie war, Aussagen zur Existenz bzw. zu Ursachen der Elektrosensibilität zu treffen bzw. zu beurteilen ob die Angaben der Befragten wahr oder falsch seien. Zur Durchführung der Untersuchung wurde eine "Arbeitsdefinition" für Elektrosensibilität erstellt: In Anlehnung an eine Definition von Prof. Frentzel-Beyme wurden als Elektrosensible im Rahmen dieser Untersuchung Menschen verstanden, die körperliche Beschwerden auf das Vorhandensein von elektrischen, magnetischen oder elektromagnetischen Felder zurückführen. Zudem wurde vorausgesetzt, dass die Befragten konkrete Beschwerden nennen können, und diese Beschwerden öfter als einmal aufgetreten sind.

    In einem quantitativen Studienabschnitt wurde durch infas/Bonn eine telefongestützte, bevölkerungsrepräsentative Haushaltsbefragung durchgeführt und geeignete Gesprächspartner für die anschließende qualitative Erhebung identifiziert. In einem qualitativen Studienabschnitt wurden durch rheingold/Köln 40 psychologische Tiefeninterviews (in-home, 2 h Dauer) mit Elektrosensiblen durchgeführt.

    Die telefonische Befragung ergab nach dem Screeningverlauf einen Anteil von 6 % der Befragten, die entsprechend der Arbeitsdefinition in die Gruppe der Elektrosensiblen fallen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich mit Ausnahme des Bildungsstandes, der bei den Elektrosensiblen höher ist, im demografischen Bereich keine Unterschiede zur Allgemeinbevölkerung finden. Bzgl. der regionalen Verteilung elektrosensibler Personen ist eine Häufung im Südwesten und Mitte-Westen festzustellen. Die Befragung ergab eine nicht a priori erwartete Unterteilung in Personen, die heute noch Beschwerden haben und Personen, die früher Beschwerden hatten aber heute nicht mehr. Die Art der genannten Beschwerden ist dabei insgesamt vergleichbar mit den Ergebnissen der "jährlichen Umfragen", unterscheidet sich aber zwischen der Gruppe der heute (als vorwiegende Beschwerden werden Kopfschmerzen, Migräne genannt) und der früher Betroffenen (vorwiegend werden Schlafprobleme genannt). Herr Ulmer weist auf die Vielzahl der genannten Quellen der gesundheitlichen Beschwerden hin und darauf, dass die Mobilfunksendeanlage erst an vierter Stelle nach Handys, Fernseher und Radiowecker genannt wird. Als stärkste Quelle wird von Befragten, die heute noch Beschwerden haben, das Handy genannt, gefolgt von Mobilfunksendeanlagen und Hochspannungsleitungen sowie Computer. Von Personen mit Beschwerden in der Vergangenheit wird die stärkste Quelle im Radiowecker gesehen, gefolgt von Handys, Fernsehern und Hochspannungsleitungen. Sowohl die Häufigkeit der gesundheitlichen Beschwerden als auch die Stärke der Beeinträchtigung ist bei den Personen mit früheren Beschwerden stärker ausgeprägt als bei den heutigen. Mit der wahrgenommenen Stärke der Beeinträchtigung nimmt auch der Altersdurchschnitt der entsprechenden Befragten zu. Die Selbsteinschätzung der Informiertheit über elektromagnetische Felder weist bei den Elektrosensiblen etwas höhere Werte auf als bei der Allgemeinbevölkerung. Bei den Informationsquellen fällt der vergleichsweise hohe Anteil der Bürgerinitiativen auf. Nur etwas mehr als ein Drittel der Elektrosensiblen haben wegen ihrer Beschwerden bereits einen Arzt aufgesucht. Der Anteil derer, die schon über Vorsorgemaßnahmen nachgedacht oder diese aktiv ergriffen haben, ist im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung höher. Aus der Beantwortung zweier Fragen, die am Ende des Interviews gestellt wurden, ging hervor, dass nur der Hälfte der Personen der Begriff "elektrosensibel" bekannt war. Hiervon wiederum hat sich nur ein gutes Drittel selbst schon einmal so bezeichnet.

    Aus der Gruppe der in der telefonischen Befragung identifizierten Elektrosensiblen wurden auf freiwilliger Basis 40 Personen rekrutiert, die in dem qualitativen Studienabschnitt anhand von Tiefeninterviews näher befragt wurden. Von dieser Gruppe fühlte sich ca. 1/3 in der Vergangenheit durch EMF beeinträchtigt, ca. 2/3 erlebten sich als aktuell durch EMF beeinträchtigt. Die Interviews fanden bei den Befragten zu Hause statt, die Interviewdauer betrug ca. 2 Stunden. Gegenstand der qualitativen Phase war die "Elektrosensibilität als psychische Realität", d.h. wie Elektrosensibilität von den Befragten selbst erlebt und beschrieben wird, in welche(n) gelebten Zusammenhängen Elektrosensibilität bei den Befragten steht bzw. von ihnen eingeordnet wird und welche Umgangsformen, Umgangsstile die Befragten hinsichtlich ihrer Elektrosensibilität zeigen. Im Fokus der Interviews standen folgende Themenkomplexe: Die konkrete körperliche / gesundheitliche Betroffenheit durch elektromagnetische Felder; die generelle Lebenswelt der Elektrosensiblen (z.B. berufliche und private Lebenssituation, Freizeitgestaltung, Werteorientierung, etc.); Haltung zu und Umgang mit modernen Informationstechnologien und speziell mit Mobilfunk; das Informationsverhalten sowie die genutzten Informations- und Kommunikationsquellen, aus denen sich die Risikowahrnehmung der Elektrosensiblen speist. Darüber hinaus wurde die Wahrnehmung und Bewertung des BfS als Absender themenspezifischer Information und Kommunikation sowie die Bewertung ausgewählter BfS – Broschüren erfasst.

    Die befragten Elektrosensiblen zeigten sich als heterogene Gruppe. Elektrosensibilität erweist sich als vielgestaltiges Thema, bei dem sich viele Befragte immer wieder auch in einem inneren Zwiespalt erleben. Im Rahmen der Tiefeninterviews konnte die persönliche Bedeutung von Strahlung im lebensweltlichen Kontext der identifizierten Personen näher erfasst werden.

    Als zentrale Orientierungsfaktoren für die Verbesserung von Kommunikation mit Elektrosensiblen wurden "Alltagsrelevanz" und "Vertrauen" identifiziert. Aus den beiden Orientierungsfaktoren werden eine Reihe von bedürfnisorientierten Anforderungen sowie grundlegende politische und institutionelle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kommunikation mit der Zielgruppe der Elektrosensiblen erschlossen. Ausgehend von diesen Überlegungen werden Empfehlungen auf vier Handlungsebenen des Kommunikationsverhältnisses mit Elektrosensiblen (individuell, politisch, institutionell, kommunikativ) abgeleitet.

    Die genaue Ergebnisse der psychografischen Untersuchung sowie die ausführlichen Kommunikationsempfehlungen können im Abschlussbericht des Projekts eingesehen werden, der in Kürze auf den Internetseiten des DMF eingestellt werden wird.

    Aufgrund der langen Vortragszeit musste die Diskussion zu diesem Punkt entfallen.

    2.3.Vortrag und Diskussion zum Projekt "Zielgruppenanalyse zur differenzierten Information über Mobilfunk und Gesundheit"

    Ziel des durch Herrn Büllingen präsentierten Vorhabens war es, die zentralen Zielgruppen für die Informations- und Kommunikationsmaßnahmen im Bereich Mobilfunk zu identifizieren und hinsichtlich ihrer charakterisierenden Merkmale und Eigenschaften zu beschreiben, um eine Grundlage für die zielgruppengerechte Information im Bereich Mobilfunk zu gewinnen. Dazu wurde in telefonischen Interviews eine repräsentative Stichprobe von 1000 Personen ab 14 Jahren befragt. Zur späteren Segmentierung der Zielgruppen wurden soziodemografische, psychografische und verhaltensorientierte Kriterien berücksichtigt. Zur Differenzierung der Zielgruppen wurden die Koordinaten "Vertrauen in den Staat", "Persönlichkeit", "Handynutzung", "Informationsbedürfnis", und "Risikoeinstellung" herangezogen. Als Ergebnis einer Clusteranalyse konnten die 5 Gruppen Z1 "Sorglose interessierte Vielnutzer", Z 2 "Ängstliche informationsbedürftige Nutzer", Z 3 "Sorglose desinteressierte Wenignutzer", Z 4 "Sorglose desinteressierte Vielnutzer" und Z 5 "Mäßig besorgte Wenignutzer" identifiziert werden. Herr Büllingen beschreibt das Interesse, die Risikowahrnehmung, die Handynutzung und wichtige demografische Merkmale der Zielgruppen (für nähere Information sei hier auf den Bericht verwiesen, der unter www.emf-forschungsprogramm.de/.../risiko_030_AB.pdf einsehbar ist). Einige interessante Unterschiede zwischen den Zielgruppen werden herausgegriffen. So schränkt z.B. die Zielgruppe Z 2 ihre Handynutzung aus gesundheitlichen Gründen stark ein, das Interesse am Thema "Mobilfunk und Gesundheit" ist in den Zielgruppen Z 1 und Z 2 relativ hoch, die aktive Informationssuche fällt bei Z 2 besonders ins Auge. Ausgeführt wird noch die Erreichbarkeit der einzelnen Zielgruppen, wobei darauf hingewiesen wird, dass das Internet nach wie vor kein universeller Informationskanal ist. Informationsveranstaltungen werden ebenfalls als ungeeignet bezeichnet, da der erforderliche hohe Vorbereitungsaufwand in ungünstigem Verhältnis zu der Zahl der Personen steht, die damit angesprochenen werden können.

    Im Fokus der Werbestrategie der Mobilfunknetzbetreiber stehen derzeit die beiden wenignutzenden Zielgruppen Z 3 und Z 5.

    Herr Büllingen zieht das Fazit, dass die Risikowahrnehmung in Bezug auf elektromagnetische Felder eine hohe Affinität zur allgemeinen Lebenseinstellung aufweist. Für rund 60 % der Bevölkerung ist "Mobilfunk und Gesundheit" kein Thema, das Interesse könnte nur über einen längeren Zeitraum mit hohem Aufwand geweckt werden. Jede Form der Informationsvermittlung, d.h. des Versuchs der zielgruppenspezifischen Information hat insofern experimentellen Charakter, da ihre tatsächliche Ansprache und Wirkung schwer vorhersehbar ist. Herr Büllingen schlägt daher die Durchführung von Fokusgruppen zu den einzelnen Zielgruppen vor, um die Gestaltung von Informationsmaßnahmen noch intensiver zu untermauern. Abschließend stellt Herr Büllingen eine Reihe von Fragen in den Raum, die die tatsächliche Notwendigkeit und das Ausmaß der Intensivierung von Informationsmaßnahmen betreffen: Inwieweit sollen die Informationsbemühungen für Desinteressierte verstärkt werden? Deutet das weit verbreitete Desinteresse ein Ende des EMVU-Diskurses an?

    Diskussion

    Die Möglichkeit, die Zielgruppe Z 2, in der neben den allgemeinen besorgten informationsbedürftigen Nutzern auch die sehr stark besorgten bzw. beeinträchtigen ebenso wie die "engagierten" Personen vermutet werden, weiter zu differenzieren, wird diskutiert. Dabei wird darauf verwiesen, dass diese Gruppe in ihrer jetzigen Form aufgrund der Bottom-up Entstehung eine sehr starke ähnliche Ausprägung der betreffenden Merkmale hat. Eine weitere Differenzierung wäre nur dann sinnvoll wenn dabei die gruppeninterne Homogenität nicht abnimmt. Bezüglich der von Herrn Büllingen in den Raum gestellten Fragen ergab die Diskussion, dass ein Engagement in der Information desinteressierter Personen wenig sinnvoll ist. Eine Ausnahme stellen wegen des besonderen Schutzbedarfs Kinder und Jugendliche dar. Darüber hinaus sollten vorwiegend interessierte Gruppen angesprochen werden.

  3. Empfehlungen für die Gestaltung von Informationsmaßnahmen

    Vortrag und Diskussion zum Projekt "Untersuchung der Kenntnis und Wirkung von Informationsmaßnahmen im Bereich Mobilfunk und Ermittlung weiterer Ansatzpunkte zur Verbesserung der Information verschiedener Bevölkerungsgruppen"

    Herr Renn trägt die Ergebnisse der Studie vor. Ausgangspunkt war die Fragestellung, wie die Informationsmaßnahmen der verschiedenen Akteure aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft von Bürgern wahrgenommen und bewertet werden und welche Art von Information und Kommunikation für wen geeignet ist. Im Rahmen der Vorarbeiten für die empirische Erhebung (qualitatives und quantitatives Modul) wurden eine Literaturstudie und Sekundäranalyse zu Studien über die Wahrnehmung und Bewertung des Mobilfunks, eine Metaanalyse von quantitativen Studien zu Wahrnehmung und Bewertung des Mobilfunks sowie eine Medienanalyse zur Berichterstattung über Gesundheitsrisiken des Mobilfunks in deutschen Printmedien durchgeführt. Herr Renn verweist darauf, dass im Vergleich zur Studie "Zielgruppenanalyse" eine andere Untergliederung der Bürger getroffen wurde, nämlich in "Unbesorgte", "Unentschiedene" und "Besorgte".

    Im Rahmen des qualitativen Studienteils wurden 5 Fokusgruppen durchgeführt: Bürger, die wegen EMF des Mobilfunks unbesorgt sind ("Unbesorgte"); Bürger, die sich wegen Wirkungen von EMF des Mobilfunks unsicher sind oder noch keine Meinung gebildet haben ("Unsichere"); Bürger, die wegen EMF des Mobilfunks besorgt sind ("Besorgte"); Vertreter von Medien, Wissenschaft und Politik ("Experten I"); Vertreter von Mobilfunkindustrie und Bürgerinitiativen / Umweltverbänden ("Experten II").

    Die Ergebnisse der Fokusgruppen zeigen, dass sich Unbesorgte noch nicht mit dem Thema aktiv auseinandergesetzt haben bzw. eine persönliche Betroffenheit fehlt. Informationen zum Thema EMF und Mobilfunk haben sie überwiegend aus den klassischen Massenmedien in Form passiver Informationsgewinnung. Mobilfunkgegnern wird Panikmache und Hysterie unterstellt.

    Die Unsicheren sind vor allem auf Grund der Unkenntnis über die realen Gefahren der Mobilfunkstrahlung verunsichert. Auch hier dominiert die passive Informationsgewinnung. Besonders kritisch findet diese Subgruppe, dass die Wissenschaft keine klaren und verlässlichen Aussagen macht.

    Bei den Besorgten führen persönliche Betroffenheit oder latente Ängste zu Besorgnis. Wissenschaftlichen Erkenntnissen gegenüber sind sie skeptisch eingestellt. Zusätzlich zu den Medien nutzen die Besorgten aktiv ein breites Angebot an Informationsquellen. Der Politik wird vorgeworfen, dass sie beschwichtigt und versucht, sich abzusichern. Die Mobilfunknetzbetreiber werden stigmatisiert. Im Allgemeinen tendieren die Besorgten zu negativeren Bewertungen der Akteure.

    Experten aus Politik, Medien und Wissenschaft ("Experten I") sehen für die Risikokommunikation eine Vielzahl an Zielgruppen und Kommunikationskanäle, die jeweiligen Einschränkungen und Probleme wurden diskutiert.

    Vertreter der Mobilfunkindustrie und von Bürgerinitiativen/ Umweltverbänden ("Experten II") beschreiben bei Standortkonflikten ein kommunales Kommunikationsproblem. Der Informationsfluss zwischen den Beteiligten (Betreiber, Kommune, Bürgerinitiativen) scheint bei den kommunalen Gremien (Bürgermeister, Gemeinderat) abzubrechen. Als Lösung sollten genaue Vorgehensweisen für die Kommunen entwickelt werden, nach denen sie sich richten müssen, wenn ein Betreiber auf sie zukommt. Dadurch soll eine gewisse Routine und Verlässlichkeit erreicht werden.

    Informationsmaterialien der organisierten Mobilfunkgegner werden von Bürgern und Experten auf Grund der einseitigen, emotionalen und unglaubwürdigen Überzeichnung der gesundheitlichen Risiken des Mobilfunks gleichermaßen skeptisch wahrgenommen. Auffällig dabei ist, dass auch die Gruppe der Besorgten nicht, wie vielleicht zu erwarten, alle Argumente der Mobilfunkgegner stützt, sondern auch eine kritische Haltung ihnen gegenüber hat. Der Wissenschaft stehen sowohl Bürger- als auch Expertenfokusgruppen ambivalent gegenüber: Einerseits werden die präsentierten Informationen eher als sachlich und glaubwürdig wahrgenommen. Andererseits wird der Beitrag zur eigenen Urteilsbildung als recht gering eingestuft. Die trockene Darstellung der Inhalte bei der Wissenschaft wird durch die Experten negativ beurteilt, wohingegen gerade diese Schlichtheit bei den Bürgern eher positiv ankommt. Die Informationen der Mobilfunkindustrie werden als "gut aufgemacht", "schön präsentiert" und "verständlich" bewertet. Jedoch haftet diesem Material das Manko der geringen Glaubwürdigkeit und Interessengebundenheit an.

    Die Politik (vorgelegt in Form von Texten des Bundesamtes für Strahlenschutz) kommt auf nahezu allen Dimensionen bei den Experten gut bis sehr gut an. Die Bürger allerdings sind hier eher gespalten. Teilweise werden Internetauftritt und Broschüren durchaus positiv bewertet, jedoch wird das Fehlen einer konsequenten Position bemängelt. Diese wird als erforderlich erachtet, um für die Befragten selbst eine verlässliche Orientierung zu geben.

    Im Rahmen der quantitativen Untersuchung wurden n=814 Personen anhand einer Zufallsstichprobe postalisch und aufgrund der zunächst geringen Rücklaufquote zusätzlich telefonisch befragt. Themenblöcke der Befragung waren Risikowahrnehmung; Kenntnisstand; Informationsverhalten; Bewertung von Texten der Akteure Wissenschaft, Politik, Mobilfunkindustrie und Bürgerinitiativen/ Bürgerverbände; Einstellungsfragen zur Generierung der Subgruppen Unbesorgte/Unsichere/Besorgte sowie Soziodemographie.

    Die Verteilung der drei Gruppen anhand der quantitativen Befragung beläuft sich auf 21 % Besorgte, 47 % Unsichere und 32 % Unbesorgte. Herr Renn weist darauf hin, dass die Gruppen im dynamischen Lauf wechseln. Allerdings bezieht sich dieses "Wechseln" nicht auf die Veränderung der Prozentzahlen an sich, sondern auf ein individuelles Wechseln von Personen von einer in die andere Gruppe. Die Anteile der Gruppen an der Gesamtbevölkerung sind an sich stabil.

    Die Unbesorgten weisen die "positivste Bilanz" hinsichtlich des wahrgenommenen Nutzens der Handys auf. Die Besorgnis wegen EMF der Mobiltelefone ist am niedrigsten. Weitestgehend ist auch eine Akzeptanz der Mobilfunksendeanlagen vorhanden. Die Unbesorgten weisen insgesamt einen mittleren Wissensstand und die geringste Nutzung von Informationsquellen auf. In der schriftlichen Befragung werden die Texte der Mobilfunkbetreiber durch die Unbesorgten positiver beurteilt als durch die Unsicheren und Besorgten. Entsprechend lehnen sie die Aussagen der Mobilfunkgegner eher ab. In der telefonischen Befragung wirken entwarnende, positive und nutzenorientierte Botschaften ansprechend. Wissenschaftler wirken auf die Unbesorgten überzeugender als Politiker und Industrievertreter.

    Auch bei den Unsicheren ist die Nutzen-Risiko-Bilanz beim Handy positiv. Sendemasten erscheinen hingegen ambivalent bis nicht akzeptabel. Im Gruppenvergleich haben die Unsicheren den niedrigsten Wissensstand und weisen ein ähnliches Informationsverhalten auf wie die Gesamtbevölkerung. In der schriftlichen Befragung befinden sich Unsichere zwischen den Unbesorgten und Besorgten: Sie teilen weder die Zustimmung der Unbesorgten zu den Ansichten der Mobilfunkbetreiber noch die Sympathie der Besorgten mit den Mobilfunkgegnern. In der telefonischen Befragung zeigt sich ein Vertrauenseffekt – Unsichere stimmen eher den Risikoeinschätzungen der Wissenschaftler als der Politiker oder der Industrievertreter zu.

    Besorgte sehen nur einen mäßigen individuellen Nutzen von Handys, die wahrgenommene Besorgnis bei Mobiltelefonen und Mobilfunksendeanlagen ist groß. Weder Mobiltelefone noch die Masten werden akzeptiert. Der selbst eingeschätzte Wissensstand ist in dieser Gruppe insgesamt am höchsten, es werden häufiger Information aus den Quellen Massenmedien, Bekannte und Freunde, Bürgerinitiativen und Umweltverbände, Wissenschaft und Verbraucherschutzzentralen eingeholt. Auf Nachfrage wird darauf hingewiesen, dass auch in dieser Befragung keine "Überprüfung" des tatsächlichen Wissensstandes stattfand. Vielmehr wurde der "Grad der subjektiven Gewissheit" über das eigene Wissen abgefragt. Dabei ist von einer einstellungskonformen Beantwortung dieser Frage auszugehen.

    In der schriftlichen Befragung werden die Texte der Mobilfunkgegner durch die Besorgten positiver beurteilt als durch die Unsicheren und Unbesorgten. Entsprechend lehnen sie auch die Aussagen der Mobilfunkbetreiber eher ab.

    In der telefonischen Befragung wirken warnende, negative und skeptische Botschaften ansprechend auf die Besorgten.

    Herr Renn zieht die Schlussfolgerung, dass aus den Ergebnissen der Fokusgruppen und des Mobilfunksurvey 2005 vor allem ein großer Differenzierungsbedarf im Hinblick auf die Risikokommunikation im Bereich Mobilfunk deutlich wird. Um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland anzusprechen, sind mehre, spezifische Kombinationen von Kommunikationsbotschaften, -kanälen und Zielgruppen notwendig. Im Rahmen der Studie wurde aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen ein praxisrelevanter Leitfaden entwickelt, der Ratschläge für alle Akteure zur Verbesserung der Risikokommunikation enthält. Die Empfehlungen sind in dem Abschlussbericht, der in Kürze auf der Internetseite des DMF veröffentlicht wird, einzusehen.

    Diskussion

    Die Aussagen zu der erhöhten Aufnahmefähigkeit besorgter Personen gegenüber Informationsmaterialien werden diskutiert. Eine wesentliche Feststellung war, dass Informationen gesucht und als besonders glaubwürdig bewertet werden, die die eigene Einstellung stützen. Die Suche nach einstellungsverstärkenden Informationen und die Ablehnung "gegenläufiger" Informationen ist umso stärker ausgeprägt, je umstrittener die eigene Einstellung in der umgebenden Gesellschaft ist.

    Eine Aufnahme verschiedener Informationen unterschiedlicher Akteure ist v.a. dann möglich, wenn die Einstellung zu einem Thema noch nicht verfestigt ist. Für den Fall, dass die zu vermittelnden Informationen nicht mit den Einstellungen des Adressaten konform sind, könnten praktische Tipps z.B. zur Expositionsminimierung noch am ehesten angenommen werden.

    Es wird diskutiert, ob die Erkenntnis, dass die "Besorgten" der "eigenen Gruppe" gegenüber ebenfalls skeptisch eingestellt sind, ein Hinweis auf die skeptische Haltung dieser Personengruppe im allgemeinen ist. Es wird die Einschätzung abgegeben, dass sich in dieser Gruppe generelles Unbehagen gegenüber der Moderne ausdrückt. Insbesondere in der Fokusgruppe der Besorgten hat sich der Eindruck der "kulturpessimistischen Alternative" bestätigt.

    Es wird angemerkt, dass die Anliegen von Besorgten bzw. Elektrosensiblen von Personen vertreten werden, die eine stärkere "Sicherheit" in der Selbstzuschreibung und Charakterisierung dieser Personengruppen vermitteln, als die Befragungsergebnisse nahe legen. Auch wird diskutiert, ob Selbsthilfegruppen der Elektrosensiblen oder Bürgerinitiativen zu Recht für sich in Anspruch nehmen, die gesamte Gruppe der Elektrosensiblen zu vertreten. Dem wird entgegnet, dass die Ergebnisse der Befragung zwar eine große Schwankungsbreite in der Charakterisierung der Personen zeigen, anhand der erhobenen Daten jedoch keine Aussagen zu organisierten Gruppen gemacht werden können. Hinzugefügt wird, dass die Besorgten sich zwar von den organisierten Mobilfunkkritikern und Bürgerinitiativen angesprochen und vertreten fühlen, aber nicht unkritisch allen Argumenten zustimmen.

  4. Bisherige Erfahrungen mit Informationsmaßnahmen

    4.1. Vortrag und Diskussion zum Projekt "Wissensbasierte Literaturdatenbank über die Einwirkungen elektromagnetischer Felder auf den Organismus und auf Implantate"

    Herr Wienert stellt EMFIS, das EMF Informationssystem, vor. Der Zugang zu EMFIS erfolgt über das Internet und ist für jeden Nutzer kostenlos. EMFIS besteht aus den Hauptkomponenten des EMF-Portals und dessen Grundlage, der Wissensbasierten Literaturdatenbank WBLDB. Ziel von EMFIS ist die Vermittlung wissenschaftlicher Informationen und aktueller Studienergebnisse über elektromagnetische Felder in einer weniger komplexen Form auch für Nicht-Fachleute. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Darstellung der Informationen in deutscher (zusätzlich zu englischer) Sprache sowie die Bereitstellung des erforderlichen Hintergrundwissens in Form eines Glossars über medizinische, biologische und physikalische Begriffe, einführender Grundlagentexte, Feldquellenbeschreibungen und weiterer wichtiger Informationen. Herr Wienert verweist darauf, dass nur wissenschaftlich veröffentlichte Studien nach einem peer-review-Verfahren in die Datenbank mit aufgenommen werden. Neu aufgenommene Studien können unter dem Link "EMF-News" direkt angesehen werden. Wissenschaftliche Studien werden fast zeitgleich mit der wissenschaftlichen Publikation in der Datenbank veröffentlicht.

    Als Zielgruppen des EMF-Portals waren Experten, Entscheidungsträger und Laien anvisiert. Vor Einrichtung des EMF-Portals hatte das Projektteam eine nicht repräsentative Basiserhebung über das Internet durchgeführt, um den Wissensstand der potentiellen Nutzer zu erheben. Dabei wurde ein relativ hohes Wissen bei den Teilnehmern festgestellt. Für eine genauere Anpassung an die gewünschten Zielgruppen wurde eine weitere Erhebung durchgeführt. Dabei sollten die Erwartungen und Erfahrungen der potenziellen Nutzer nochmals erhoben werden und Verbesserungsvorschläge eingeholt werden. Eine Analyse der Besucher der Datenbank zeigte, dass nur 30 % der Nutzer "normale Nutzer" (Neulinge in Sachen EMF und informierte Laien) sind, für die diese Plattform ursprünglich gedacht war. Ein Großteil der Nutzer greift auf EMFIS aus beruflichen Gründen zu bzw. sind Multiplikatoren. Der Höhepunkt der Web-Zugriffe war im Juli 2005 zu verzeichnen, was in Verbindung mit der Presseerklärung des BfS und weiterer Artikel auf diversen Internetseiten zu bringen ist. Die Nutzerquoten fielen danach wieder etwas ab und scheinen sich jetzt einzupendeln.

    Herr Wienert geht auch auf die Kritik an der Datenbank ein, dass diese noch zu textlastig sei, kurze Statements werden noch als Mangelware betrachtet.

    Abschließend wird die Zukunft der Datenbank angesprochen, insbesondere die Sicherung der Kontinuität in den Arbeitsvorgängen, die Möglichkeiten der zusätzlichen Aufnahme von Literaturstellen, eine erforderliche Überarbeitung des Internet-Auftritts. Herr Wienert verweist darauf, dass ein Angebot wie EMFIS nur dann sinnvoll ist, wenn es laufend aktualisiert wird. Bis Ende 2004 war die Erstellung des EMF-Portals durch das BfS gefördert, derzeit liegt nur eine Förderung des Teilprojektes WBLDB durch die Forschungsgemeinschaft Funk und die Forschungsstelle für Elektropathologie vor. Für die Pflege und Fortentwicklung des EMF-Portals stehen derzeit keine Mittel zur Verfügung.

    Diskussion

    Es wird angeregt, auch sozialwissenschaftliche Studien zu dieser Thematik in die Datenbank aufzunehmen. Herr Wienert verweist darauf, dass derzeit an der Aufnahme epidemiologischer Studien in die Datenbank gearbeitet wird. Die Aufnahme sozialwissenschaftlicher Studien wird für sinnvoll erachtet, dazu wäre allerdings auf die Sicherstellung der kompetenten Bewertung zu achten.

    Diskutiert wird die Möglichkeit einer übersichtlichen möglicherweise automatisch generierten grafischen Darstellung von Studien, die einen Effekt gefunden haben. Bis jetzt existiert noch keine derartige Darstellung im Rahmen der Datenbank.

    Es wird angemerkt, dass die Ausweisung von in Studien gefundenen Effekten nur erfolgen darf, wenn gleichzeitig die zu Grunde liegende Bewertungslogik dargestellt wird. Das Hintergrundwissen zur Interpretation der Effektdarstellung muss also gegeben werden. Dem wird noch hinzugefügt, dass es nicht möglich ist, Effekte, die in Studien gezeigt wurden, in automatisierter Form verständlich darzustellen. Die Darstellung der Ergebnisse von Meta-Studien wäre jedoch sinnvoll, um einen in diesem Fall übergreifend aufgearbeiteten Trend aufzuzeigen. Herr Wienert erläutert, dass Metaanalysen und Reviews bislang zwar erfasst, aber nicht für die Datenbank aufbereitet werden.

    Die Diskussion um eine differenziertere zielgruppenspezifische Ausrichtung der Datenbank ergab, dass das derzeitige Nutzerspektrum als akzeptabel angesehen werden kann, zumal da auch Multiplikatoren angesprochen werden. Die Resonanz der Datenbank ist bereits als sehr gut zu betrachten. Eine differenziertere Ansprache z.B. auch der ursprünglich anvisierten Zielgruppe der Laien könnte nur durch eine Umgestaltung der Datenbank Erfolg versprechend erreicht werden. Dem wird hinzugefügt, dass es vorrangiges Ziel sein sollte, den Anteil von 30 % "normaler" Nutzer der Datenbank zu erhalten. Hervorgehoben wird hierzu die Bedeutung des Angebots in deutscher Sprache für die relativ hohe Nutzerquote.

    Angeregt wird die Einrichtung eines Chat-Rooms oder eines Kommunikationsforums als Mittel, um, sich gegenüber anderen Datenbanken hervorzuheben. Derzeit besteht nur die Möglichkeit, Kommentare zu äußern. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass Nutzerforen oder Chat-Rooms nur dann sinnvoll und gewinnbringend sind, wenn eine personalintensive Betreuung gewährleistet ist.

    4.2.Vortrag und Diskussion "Erfahrungen des BfS mit Informationsmaßnahmen zu Mobilfunk"

    Frau Schröder gibt einen Gesamtüberblick über die Informationsmaterialien des BfS und stellt die Erfahrungen des Amts im Bereich Mobilfunk dar. Sie verweist darauf, dass die von ihr für die Zielgruppe Kinder und Jugendliche erstellte Broschüre des BfS auch von Erwachsenen gerne gelesen wird, da sie die wichtigsten Dinge in einfacher Form darstellt. Frau Schröder erwähnt das Bürgertelefon als wichtige Informationsquelle für das BfS, um über die Interessen und Wahrnehmung der Bürger Kenntnis zu erlangen. Viele Anfragen gleicher Art bzw. zu dem gleichen Thema werden als Anlass für die Erstellung eines Informationsblattes genommen. Ein Großteil der Anfragen, die das BfS zum Thema Mobilfunk erreichen, kommt aus dem Süden und Südwesten Deutschlands.

    Auch Multiplikatoren werden durch das BfS angesprochen. Bislang wurden 2 Seminare für Journalisten abgehalten, Materialien für Lehrer bzw. Schulen sind derzeit in Vorbereitung.

    Frau Schröder zieht aus den Ergebnissen der vorgestellten Forschungsvorhaben die Konsequenz, dass die Informationsmaterialien des BfS noch zu fachlich gestaltet sind und besser auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Bevölkerung ausgerichtet werden könnten. Als eine denkbare Verbesserung sieht sie die Möglichkeit, die FAQs (Frequently asked questions), die auf der BfS-Internetseite zu finden sind, auch in schriftlicher Form anzubieten. Die FAQs richten sich an die offenen Fragen der Personen direkt und könnten so einen geeigneteren Zugang bieten als die reine Informationsdarstellung.

    Diskussion

    Es wird angemerkt, dass es dem Bürger durch die gemeinsame Behandlung ionisierender und nichtionisierender Strahlung innerhalb der Broschüre "Strahlung und Strahlenschutz" schwer fallen würde, die ohnehin schon oftmals nicht wahrgenommenen Unterschiede von ionisierender und nichtionisierender Strahlung zu verstehen. Nach Ansicht von Frau Schröder sollte das Bundesamt für Strahlenschutz allerdings schon eine Gesamtbroschüre über das Strahlenspektrum anbieten, die den gesamten Aufgabenbereich des BfS umfasst. Sie verweist auf die gute Resonanz, die diese Broschüre erhält. Es wird angefügt, dass der Unterschied zwischen ionisierender und nichtionisierender Strahlung möglicherweise stärker herausgearbeitet werden könnte und auf die Broschüre des NRPB verwiesen, in der ebenfalls beide Strahlungsarten dargestellt werden. Unter Hinweis darauf, dass mit der gemeinsamen Behandlung beider Gebiete die Assoziation von Mobilfunk mit Tschernobyl unterstützt wird, wird vorgeschlagen, das Kontinuum der Frequenz im Strahlenspektrum stärker herauszustellen und die dichotome Darstellung weniger zu betonen.

    Diskutiert werden auch Möglichkeiten der Gestaltung und der Inhalte von "Tipps". Hierzu wird als eine Überlegung dargelegt, dem Leser die Möglichkeit einer Selbsteinschätzung zu geben und ihn dann entsprechend dieser Einschätzung auf eine bestimmte Informationsseite zu lenken. Da Einschätzungstests mit psychologischem Charakter das Interesse der Leser wecken, könnte dies zu einem persönlichen Interesse / Bezug zu den vermittelten Inhalten führen. Hinzugefügt wird, dass die Darlegungen über die "Funktionsweise" von Risikowahrnehmung- und Bewertung oftmals den Rezipienten zum Nachdenken/Reflektieren anregen und insofern auch Aufmerksamkeitsfänger sein können.

    Unter Verweis auf den ökonomischen Aspekt von Kommunikation wird die Frage gestellt, ob das BfS eher eine "Holschuld" der Bevölkerung in Bezug auf Informationen, oder eher eine Bringschuld bei sich sieht, die Informationen so zu gestalten, dass sie die Bevölkerung oder – aufbauend auf den Forschungsergebnissen – ausgewählte Zielgruppen erreichen. Frau Schröder erläutert dazu, dass wichtige Zielgruppen für das BfS zum einen die Besorgten und Interessierten sind – mit denen kommuniziere das BfS allein schon aufgrund deren aktiven Informationssuche. Die Zielgruppe der Jugendlichen wolle das BfS aufgrund ihrer hohen Schutzbedürftigkeit erreichen, und die Zielgruppe 1 (bezogen auf die Zielgruppenanalyse) wolle das BfS ebenfalls erreichen, da es sich hierbei teilweise um Multiplikatoren handelt.

    Dem BfS wird empfohlen einen verstärkten Diskussionsprozess zur Positionsfindung zu führen, in dem die Rahmenbedingungen bzw. Grenzen der Kommunikation (z.B. im Rahmen von Telefonaten mit Bürgern oder im Kontakt mit Bürgern auf Informationsveranstaltungen) festgelegt werden.

    Es wird festgestellt, dass die Information über individuelle Vorsagemaßnahmen und konkrete Handlungsanweisungen gerade für besorgte Personen hilfreich ist und Vertrauen schaffen kann. Neben der Vermittlung des wissenschaftlichen Kenntnisstandes sollten verstärkt Konzepte zur Risikobewertung (also z.B. die Unterschiede zwischen Hinweis, Nachweis und Verdacht, etc.) vorgestellt und erläutert werden, damit behördliche Bewertungsgrundlagen nachvollzogen werden können.

    In Bezug auf die zur Ansicht ausgeteilte Kinderbroschüre zu Mobilfunk wird darauf hingewiesen, dass der Verweis auf nicht zu erwartende Krebserkrankung im Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks "nicht gut" sei. Dies entspricht Rückmeldungen, die Frau Schröder bereits von anderer Seite und auch aus dem Fachbereich erhalten hat.

    Bezüglich der Umsetzung der Ergebnisse des Forschungsschwerpunktes Risikokommunikation wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Abschlusses des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms eine internationale fachliche Diskussion der Projektergebnisse vorgesehen ist. Darüber hinaus fließen die Ergebnisse bereits jetzt in die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des BfS ein.

  5. Resümee

    Herr Matthes bedankt sich zum Abschluss des Kolloquiums bei den Vortragenden und bei den Teilnehmern für die rege Diskussion.

    Er weist darauf hin, dass die über die Jahre hinweg konstanten Ergebnisse der "jährlichen Umfragen" aus seiner Sicht einerseits überraschend sind. Auf der anderen Seite hat man am Beispiel des UV gesehen, dass Empfehlungen nur sehr schwer umgesetzt werden und Verhaltensänderungen nur sehr langsam erfolgen. Positiv ist, dass sich trotz unterschiedlicher Zielsetzungen und Herangehensweisen der Projekte ein überwiegend konsistentes und sich wechselseitig ergänzendes Bild über die verschiedenen Bevölkerungs-Teilgruppen hinsichtlich ihrer Risikowahrnehmung und des Umgangs mit Mobilfunk ergibt.

    Das Protokoll kann als PDF-Datei runtergeladen werden (Druckversion).