Qualitätsansprüche

Die Qualitätsansprüche bei der Auswertung von Forschungsergebnissen müssen hoch angesetzt sein. Methodische Mängel wie fehlende Angaben zur Exposition oder zum Zustand der Tiere bzw. Probanden sowie fehlende Kontrollansätze erschweren Auswertung und Interpretation von Forschungsergebnissen in Bezug auf eine mögliche gesundheitliche Relevanz für den Menschen.

Das Bundesamt für Strahlenschutz verfolgt und bewertet nach wissenschaftlichen Kriterien kontinuierlich die einschlägigen internationalen und nationalen Veröffentlichungen in anerkannten wissenschaftlichen Journalen. Dabei werden in aller Regel Arbeiten berücksichtigt, die vor Veröffentlichung in wissenschaftlichen Zeitschriften einen Gutachter-gestütztem Prozess ("peer-reviewed") durchlaufen haben. Damit ist weitgehend sichergestellt, dass die Arbeiten grundlegenden Qualitätsansprüchen genügen. Trotzdem können auch hier extreme Qualitätsunterschiede auftreten. Das Bundesamt für Strahlenschutz legt deshalb bei der Bewertung des Studiendesigns (Versuchsplanung), der Versuchsdurchführung und der Analyse der Ergebnisse besonderes Gewicht auf umfassende und nachvollziehbare Informationen vor allem zu Expositionsbedingungen, zu mitgeführten Kontrollen und zu Angaben über die Auswertung der Ergebnisse.

Expositionsbedingungen

Detaillierte Angaben zu den Parametern und Randbedingungen der Exposition, wie z. B. Frequenz, Intensität, Orientierung zur Antenne, sowie zu den Methoden zur Bestimmung dieser Größen, sind unabdingbare Voraussetzung für die Bewertung der Qualität der vorliegenden Arbeit. Besonders in Tierversuchen kann die tatsächlich im Gewebe aufgenommene spezifische Leistung (Angabe in W/kg) je nach Versuchsbedingungen deutlich schwanken. Dabei spielen Faktoren wie die technische Voraussetzung einer Expositionsanlage sowie die Beweglichkeit der Tiere (frei bewegliche oder fixierte Tiere) eine große Rolle. Jede Ungenauigkeit in dieser Hinsicht führt zwangsläufig zu Fehlinterpretationen der Versuchsergebnisse.

Kontrollen

Bei jedem wissenschaftlichen Experiment werden Kontrollen mitgeführt. Geeignete Kontrollen schließen alternative Ursachen für die beobachteten Effekte möglichst aus. Beispielsweise wird in Tierexperimenten mit Mäusen oder Ratten zur gezielten Exposition des Kopfes mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern in vielen Fällen die Bewegungsfreiheit der Tiere eingeschränkt. Diese Bewegungseinschränkung kann für die Tiere Stress bedeuten. Um unterscheiden zu können, ob beobachtete Effekte auf den Stress zurückzuführen sind oder von der Exposition herrühren, werden frei bewegliche Tiere (Käfigkontrollen) mit Tieren, die in die Expositionsanlage gebracht und nicht den elektromagnetischen Feldern ausgesetzt werden (Schein-Exposition), und tatsächlich exponierten Tieren verglichen. Selbstverständlich dürfen sich Kontrollen und exponierte Tiere in anderer Hinsicht (Alter, Größe, Geschlecht, Gewicht etc.) möglichst wenig unterscheiden. Bei vielen wissenschaftlichen Experimenten werden zusätzlich sog. Positivkontrollen eingeschlossen. Diesen Tieren werden in der Regel Substanzen verabreicht, die garantiert den untersuchten Effekt wie z. B. die Entstehung von DNA-Strangbrüchen hervorrufen. Positivkontrollen dienen damit der Überprüfung der gewählten Untersuchungsmethode.

Verblindung

Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die so genannte „Verblindung“. Dies bedeutet z.B. in tierexperimentellen Studien, dass den ausführenden, vor allem aber den auswertenden Personen nicht bekannt ist, ob sie ein Kontrolltier oder ein exponiertes Tier vor sich haben. Damit soll das Risiko minimiert werden, dass die Auswertung durch die persönliche Erwartungshaltung beeinflusst wird. Diese Erwartungshaltung kann negativ oder positiv sein – in beiden Fällen kann sie zu einer subjektiven, vorurteilsbelasteten Auswertung führen, die das tatsächliche Ergebnis verzerrt.

Besonders wichtig ist dieses Konzept bei Studien am Menschen (Probandenstudien). Hier muss berücksichtigt werden, dass nicht nur der Untersuchende, sondern vor allem der Proband selbst seine Erwartungshaltung mitbringt – sei es bewusst oder unbewusst, sei sie positiv oder negativ. Will man belastbar ursächliche Zusammenhänge untersuchen und sowohl Placebo-Effekte (der Glaube an eine positive Wirkung) als auch Nocebo-Effekte (der Glaube an eine schädigende Wirkung) möglichst ausschließen, muss Wert auf eine „doppelte Verblindung“ gelegt werden, d.h. weder der Proband noch der Untersuchende dürfen wissen, ob tatsächlich eine Exposition vorlag oder nicht. Erst nach Auswertung der untersuchten Endpunkte wird die Studie „entblindet“ und die Ergebnisse dem tatsächlichen Expositionsstatus zugeordnet.