Untersuchung des Einflusses von Antennen- und Gerätetopologien von körpernah betriebenen drahtlosen Kommunikationsendgeräten auf die von diesen verursachten SAR Werte

Thema

Untersuchung des Einflusses von Antennen- und Gerätetopologien von körpernah betriebenen drahtlosen Kommunikationsendgeräten auf die von diesen verursachten SAR Werte

Beginn

01.11.2006

Ende

31.10.2007

Projektleitung

Bergische Universität Wuppertal

Zielsetzung

Ziel des Vorhabens war zu untersuchen, welche Einflüsse z. B. von den Antennen- und Gerätetopologien sowie von der Wahl der Sendefrequenz auf die resultierenden SAR Werte von körpernah betriebenen Endgeräten drahtloser Kommunikationsdienste ausgehen und Hinweise zum Erreichen von technisch möglichen Minimalwerten aufzuzeigen. Der Einfluss auf die Kommunikationseigenschaften der Geräte sollte dabei ebenfalls berücksichtigt werden.

Das Forschungsvorhaben wurde als Ergänzung des „miniWatt II“ Vorhabens des BMBF bearbeitet und sollte sich auf körpernah betriebene Geräte beschränken. Geräte, die wie z. B. Mobiltelefone üblicherweise mit Kontakt zum Körper betrieben werden, werden in einem anderen miniWatt-II Teilprojekt behandelt.

Ergebnisse

Untersucht wurden Endgeräte mobiler bzw. portabler Kommunikationssysteme, die weder in unmittelbarem Kontakt (wie z.B. das Handy am Ohr) noch weit entfernt (wie z.B. eine Basisstation eines Mobilfunk-Netzwerks) sondern typischerweise in Abständen von Zentimetern bis Dezimetern zum menschlichen Körper betrieben werden, namentlich:

  • Notebook mit PCMCIA-Einsteckkarte (mit GPRS-, UMTS- und W-LAN-Funktionalität) sowie mit einsteckbarem Bluetooth-USB-Adapter (Frequenzen 900 MHz, 1950 MHz, 2450 MHz),
  • DECT-Basisstation [Frequenz 1900 MHz],
  • WLAN-Router [Frequenz 2450 MHz].

Die Auswahl der Geräte erfolgte anhand der Kriterien „weite Verbreitung“, „lange Nutzungsdauer“ und vergleichsweise „hohe Ausgangsleistung“. Als Kriterium für die Exposition des Nutzers bzw. einer sich in der Nähe des sendenden Geräts aufhaltenden Person wurden nicht die externen Feldstärken sondern die im Körper hervorgerufenen Spezifischen Absorptionsraten SAR in verschiedenen typischen Szenarien herangezogen (unterschieden nach Ganzkörper- und maximalem Teilkörper-SAR-Wert bei würfelförmiger Mittelung über Volumina mit einer Masse von 10 g). Davon ausgehend wurde untersucht, welches Minimierungspotenzial sich für die Spezifische Absorptionsrate durch Modifizierung der Endgeräte, insbesondere durch Variation der Antennenpositionen und -geometrie, bietet, ohne dass die Kommunikationseigenschaften des Geräts eingeschränkt werden.

Verwendetes Simulationsverfahren

Nach Prüfung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten wurde von einem Einsatz der am Lehrstuhl des Forschungsnehmers entwickelten Hybridverfahren abgesehen und alle Szenarien mittels der etablierten FDTD-Methode (finite difference time domain method) behandelt.

Gerätemodelle

Der innere Aufbau der ausgewählten Geräte wurde analysiert und in Computermodelle überführt. Um die Computermodelle zu validieren, wurden die Fernfeldcharakteristika der Geräte im Labor vermessen und mit den rechentechnisch bestimmten Charakteristika verglichen. Die Übereinstimmungen waren zufriedenstellend, so dass von einer genügenden Genauigkeit der mit diesen Modellen berechneten elektrischen und magnetischen Felder auch im Nah- und Übergangsbereich ausgegangen und die Möglichkeit einer genügend genauen Bestimmung der SAR-Werte angenommen wurde.

Verwendete Körpermodelle

  • Erwachsener: Auf Daten des „Visible Human Project“ basierend [105 kg; 1,88 m]
  • Jugendlicher: Skalierte Version des Erwachsenen-Modells [42 kg; 1,36 m]
  • Auflösung: 1 mm, 2 mm, inhomogen 1-4 mm
  • Anzahl unterschiedener Gewebearten: 40
  • Für die Szenarien mit sitzenden Personen wurden bei den inhomogen aufgelösten Modellen die Knie-, Hüft- und Ellenbogengelenke angewinkelt.

Betrachtete Szenarien

  • Notebook auf dem Schreibtisch, Person sitzend davor
  • Notebook auf den Oberschenkeln
  • WLAN-Router auf dem Schreibtisch, Person sitzend davor
  • WLAN-Router unter dem Schreibtisch (Boden), Person sitzend/stehend davor
  • WLAN-Router an der Wand montiert, Person stehend davor (Exposition Kopf)
  • DECT-Basisstation auf dem Schreibtisch, Person sitzend/stehend davor

Zusätzlich wurden die Szenarien bzgl. der Umgebung variiert, also z. B. zusätzlich Fenster und Wände modelliert und bei der Simulation berücksichtigt.

Expositionswerte [Auswahl einiger Ergebnisse]

  • DECT-Basisstation auf dem Schreibtisch / sitzender Erwachsener davor:
    1. maximale Auslastung der Station bei Datenübertragungen („worst case“)
      Ganzkörper-SAR 0,42 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Kopf/Rumpf: 15,7 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Gliedmaßen: 47,5 mW/kg
    2. typische Auslastung der Station mit einem Telefongespräch
      Ganzkörper-SAR 0,02 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Kopf/Rumpf: 0,73 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Gliedmaßen: 2,20 mW/kg
    3. Standby-Betrieb der Station (kein Telefongespräch)¹
      Ganzkörper-SAR 0,004 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Kopf/Rumpf: 0,15 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Gliedmaßen: 0,46 mW/kg

¹Die Expositionswerte für diesen Betriebsmodus ergeben sich mittelbar aus den im Abschlussbericht angegebenen SAR-Werten für die beiden hier a und b genannten Betriebsmodi unter Verwendung der auf S. 42 des Abschlussberichts beschriebenen Skalierung. Als zeitlich gemittelte Sendeleistung wurde 2,1 mW angenommen.

  • Laptop auf den Oberschenkeln im GPRS-Betrieb / sitzender Jugendlicher / das Funkmodul ist nicht direkt über einem Oberschenkel sondern seitlich versetzt positioniert; maximale Sendeleistung (multislotclass 12; 0,96 W zeitlich gemittelt; „worst case“)
    Ganzkörper-SAR 8,8 mW/kg
    max. Teilkörper-SAR Kopf/Rumpf: 46,4 mW/kg
    max. Teilkörper-SAR Gliedmaßen: 640 mW/kg

Ersetzt man in diesem Szenario das Modell des Jugendlichen durch das des Erwachsenen, so steigt der maximale Teilkörper-SAR-Wert in den Gliedmaßen auf 1,5 W/kg.

  • Laptop auf den Oberschenkeln im UMTS-Betrieb / sitzender Jugendlicher / das Funkmodul ist nicht direkt über einem Oberschenkel sondern seitlich versetzt positioniert; maximale Sendeleistung (0,2 W zeitlich gemittelt; „worst case“)
    Ganzkörper-SAR 1,1 mW/kg
    max. Teilkörper-SAR Kopf/Rumpf: 12,3 mW/kg
    max. Teilkörper-SAR Gliedmaßen: 120 mW/kg

Verglichen mit dem GPRS-Betrieb (s.o.) ist die maximale Sendeleistung um den Faktor 5 kleiner. Während die Teilkörper-SAR-Werte sich etwa um den gleichen Faktor unterscheiden, gilt dies für die Ganzkörper-SAR nicht. Dies liegt offensichtlich an der bei UMTS etwa doppelt so hohen Frequenz und der damit verbundenen geringeren Eindringtiefe in das Körpergewebe.

Ersetzt man in diesem Szenario das Modell des Jugendlichen durch das des Erwachsenen, so steigt der maximale Teilkörper-SAR-Wert in den Gliedmaßen auf 553 mW/kg.

  • Laptop auf dem Schreibtisch / sitzender Erwachsener davor
    1. WLAN (aus Normierungsgründen angenommene Sendeleistung 100 mW)
      Ganzkörper-SAR 0,12 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Kopf/Rumpf: 5,4 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Gliedmaßen: 14,6 mW/kg
    2. Bluetooth (aus Normierungsgründen angenommene Sendeleistung 100 mW)
      Ganzkörper-SAR 0,15 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Kopf/Rumpf: 5,7 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Gliedmaßen: 6,7 mW/kg
  • WLAN-Router
    1. Router an der Wand montiert / Erwachsener stehend davor; aus Normierungsgründen angenommene Sendeleistung 100 mW
      Ganzkörper-SAR 0,09 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Kopf/Rumpf: 17,6 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Gliedmaßen: 0,22 mW/kg
    2. Router auf dem Schreibtisch / Jugendlicher sitzend davor; aus Normierungsgründen angenommene Sendeleistung 100 mW
      Ganzkörper-SAR 0,09 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Kopf/Rumpf: 1,6 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Gliedmaßen: 2,4 mW/kg
    3. Router unter dem Schreibtisch / Jugendlicher sitzend davor; aus Normierungsgründen angenommene Sendeleistung 100 mW
      Ganzkörper-SAR 0,04 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Kopf/Rumpf: 0,13 mW/kg
      max. Teilkörper-SAR Gliedmaßen: 5,9 mW/kg

    In vielen Fällen hat sich die prozentuale Ausschöpfung des Teilkörper-SAR-Basiswertes im Vergleich zu der des Ganzkörper-SAR-Basiswerts als größer herausgestellt. Die größten Werte traten dabei in der Regel in den Gliedmaßen auf (bei den sitzenden Modellen insbesondere in den Händen). Da die Hände üblicherweise in Bewegung sind und der SAR-Wert über 6 Minuten zu mitteln ist, stellt der Ganzkörper-SAR-Wert für die Bewertung vieler Szenarien die besser geeignete Größe dar. Dies gilt jedoch nicht für die Fälle, in denen der Teilkörper-SAR-Wert besonders groß ist oder in den Beinen auftritt (Szenarien mit Notebook auf den Oberschenkeln).

    Der Vergleich der Ergebnisse für das Modell des Jugendlichen (skaliertes Modell) und für das des Erwachsenen ergibt kein einheitliches Bild. Während die Ganzkörper-SAR-Werte bei dem Jugendlichen immer größer waren (ca. 45% bis 127%), waren die Teilköper-SAR-Werte in einigen Szenarien mal größer und in anderen kleiner.

    Der Einfluss der Umgebung (Wand, Fenster) stellte sich als vernachlässigbar heraus.

Repräsentativität der Ergebnisse

Die ausgewählten Szenarien dienten als Startpunkte für die Analyse möglicher Optimierungsmöglichkeiten. Die oben angegebenen absoluten SAR-Werte ändern sich teilweise erheblich wenn der Abstand der exponierten Person zu den Quellen verändert wird. Positionsveränderungen der Geräte um ± 5 cm können Änderungen der Ganzkörper-SAR-Werte um ± 30 % bewirken.

Optimierungsmöglichkeiten

Als Kriterium für die Übertragungsqualität, die sich als Randbedingung aufgrund der vorzuschlagenden Optimierungen nicht verschlechtern sollte, wurde der „mean effective gain” (MEG) zusammen mit der Veränderung der Eingangsimpedanz beobachtet. Der MEG sollte sich nicht verringern und die abgestrahlte Leistung sollte sich aufgrund der Änderung der Eingangsimpedanz um nicht mehr als ±3 dB ändern.

a) Notebook mit PCMCIA-Einsteckkarte bzw. mit Bluetooth-USB-Stick

Die Anbringung der PCMCIA Karte an der Rückseite des Notebook-Displays (statt wie üblich seitlich an der Tastatur) führt im GPRS- und UMTS-Betrieb in den Szenarien, in denen das Gerät auf dem Schreibtisch steht, zu einer Reduzierung der SAR-Werte um mehr als 80%. Dies kann auf die abschirmende Wirkung des Displays zurückgeführt werden. Die auf der Karte verbaute WLAN-Antenne funktioniert an dieser Stelle hingegen äußerst schlecht. Für diese Antenne hat es sich als günstig herausgestellt, wenn der Einschubschacht hinten statt seitlich an der Notebookplatine angebracht wäre. In diesem Fall könnte ebenfalls eine Reduzierung der SAR-Werte um mehr als 65 % ohne Verschlechterung der Kommunikationseigenschaften erreicht werden. Für den Bluetooth-USB-Adapter gilt jedoch das gleich wie für die PCMCIA-Einsteckkarte: Auch hier ist die Verlagerung an die Rückseite des Displays die beste Lösung.

Die vorgeschlagene Positionierung der PCMCIA-Karte führt ebenfalls zu einer merklichen Reduzierung der SAR-Werte, wenn das Notebook auf den Oberschenkeln abgestellt wird. Der beobachteten Annäherung an die empfohlenen Grenzwerte (bis zu 37 %, siehe oben) kann durch Umpositionieren der Antenne effektiv entgegengewirkt werden (Reduzierung um mehr als 70 %).

b) WLAN-Router und DECT-Basisstationen

Bei WLAN-Router und DECT-Basisstationen konnte durch Austausch der Antennen (Dipol mit Sperrtopf statt Inverted-F-Antenne bzw. umgekehrt) jeweils eine Reduzierung der Ganzkörper-SAR-Werte von 30 % erreicht werden. Während bei dem WLAN-Router durch Anbringung metallischer Abschirmungen im Gehäuse (dreiseitig in Richtung Nutzer) ebenfalls eine Reduzierung um 30 % beobachtet wurde, konnte bei der DECT-Station eine Reduzierung über 60 % erreicht werden (bei Beibehaltung der ursprünglichen inverted-F-Antenne).

c) Reduzierung der SAR-Werte durch MIMO-Technologie

Mittels MIMO (multiple input multiple output) ist grundsätzlich eine Reduzierung von Sendeleistungen möglich. MIMO benötigt auf Sende- und Empfangsseite jeweils mehrere (mindestens je 2) Antennen. Die Reduzierung der Sendeleistung kann zu einer entsprechenden Reduzierung der SAR-Werte führen. In diesem Projekt konnte nur ein Teilaspekt untersucht werden, nämlich die Anbringung mehrerer (auch unterschiedlicher) Antennen in verschiedenen Abständen auf bzw. in den Geräten und entsprechende Aufteilung der Gesamtsendeleistung. Diese einfache Aufteilung der Sendeleistung auf mehrere Antennen führt in der Regel noch nicht zu einer sinnvollen Möglichkeit der Reduzierung von SAR-Werten.

Die vollständigen Projektergebnisse können dem zum Download bereitstehenden Abschlussbericht (PDF-Datei, 4.165 KB) entnommen werden.

Fazit

Hinsichtlich der von körpernahen Quellen hervorgerufenen Expositionen verbessern die Ergebnisse des Projekts die diesbezügliche Datenlage erheblich. Bislang wurden derartige Szenarien vorwiegend durch externe Feldstärken beschrieben und die Inhomogenität der Felder im Nah- bzw. Übergangsfeld z. T. durch Mittelung über körperäquivalente Volumina berücksichtigt. In diesem Projekt wurde in einer Vielzahl von Szenarien konsequent die SAR in hochaufgelösten anatomischen Körpermodellen bestimmt und somit direkt Bezug auf die Basiswerte genommen. Die Ergebnisse enthalten wertvolle Informationen über das Verhältnis zwischen Teilkörper- und Ganzkörper-SAR-Werten in unterschiedlichen Szenarien und bei unterschiedlichen Frequenzen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen weiterhin, dass insbesondere durch gezielte geräteseitige Optimierungsmaßnahmen eine Verminderung der Ganzkörper-SAR um mehr als 80% erreicht werden kann ohne eine Verschlechterung der Übertragungsqualität (beurteilt anhand des 'mean effective gain' MEG) in Kauf nehmen zu müssen. Dagegen wird die Möglichkeit einer Verringerung der SAR durch Aufteilung der Gesamtleistung auf mehrere Antennen aufgrund der Feldinterferenzen im Nahfeld und der engen Toleranzen für eine optimale Positionierung der körpernahen Endgeräte als wenig geeignet bewertet, es sei denn, dass durch den gleichzeitigen Einsatz von MIMO-Technologien eine Reduzierung der Gesamt-Sendeleistung erzielt werden kann. Im Zusammenhang mit MIMO sind auch die Endergebnisse aus den entsprechenden Teilprojekten der miniWatt II Studie abzuwarten.