Exposition durch körpernahe Sender im Rumpfbereich

Thema

Exposition durch körpernahe Sender im Rumpfbereich

Beginn

01.08.2004

Ende

31.07.2005

Projektleitung

Institut für Integrierte Systeme an der ETH Zürich

Zielsetzung

Im Hinblick auf die Verwendung neuer Technologien (UMTS, WLAN) ist verstärkt mit der Plazierung der mobilen Sender im Bereich des Unterbauchs (Gürteltasche) oder Brustbereichs (Hemdtasche) zu rechnen. Über die zu erwartenden spezifischen Absorptionsraten in den betreffenden Geweben liegen keine belastbaren Daten für eine Risikoabschätzung vor.

Dieses Forschungsvorhaben soll die Frage beantworten, ob es im Rumpfbereich sensible, lokale Bereiche gibt, die unter den angesprochenen Randbedingungen stärker exponiert sind und denen im Rahmen eines wirksamen Strahlenschutzkonzeptes besonders Rechnung zu tragen ist. Im Rahmen des Projektes soll die Exposition von oberflächennahen Organen (insbesondere Leber, Niere, Milz, Gonaden, Brust) durch körpernahe Sender ermittelt und bewertet werden. Dazu sind rechentechnisch die entsprechenden SAR-Werte und Temperaturverteilungen für unterschiedliche Expositionsgeometrien, verschiedene Standard-Sender und Standard-Körperabmessungen (Kind, Mann, Frau) zu ermitteln. Als Frequenzbereich ist der Bereich 0,4 GHz - 10 GHz in den Frequenzbändern (TETRA, GSM, UMTS, WLAN) abzudecken. Die Validität des verwendeten Rechenverfahrens und der verwendeten frequenzabhängigen Gewebeleitfähigkeiten ist nachzuweisen.

Ergebnisse

Im Rahmen einer umfassenden Bestandsaufnahme wurden die derzeit existierenden Methoden zur Berechnung und Messung des SAR-Wertes und des Temperaturanstiegs im menschlichen Körper erläutert und die verwendeten geschichteten und anatomischen Modelle vorgestellt. Ebenfalls wurde die bisherige wissenschaftliche Literatur zur Strahlungsbelastung des Menschen durch körpernahe Sender ausgewertet.

Die Bestandsaufnahme liegt zum Download als PDF-Datei (2.585 kB) vor.

Berechnungen in einem geschichteten Modell haben Folgendes gezeigt: wenn eine Gewebeschicht, die geringe Permittivität (Dielektrizitätskonstante, ein physikalischer Gewebeparameter) für elektrische Felder aufweist (z. B. Fett, Knochen) von zwei Schichten mit hoher Permittivität (Haut, Muskel, innere Organe) umgeben ist, können unter Fernfeldbedingungen und bei bestimmten Schichtdicken in dieser Gewebeschicht Stehwellen entstehen, die zu einer Erhöhung der SAR-Werte in den benachbarten Schichten, vor allem in der Haut, führen können. Im Vergleich zu homogenem Geweben unter ansonsten gleichen Bedingungen wurde ein Anstieg der SAR Werte um bis zu 5 dB ermittelt. Da dies nur ab einer Entfernung der Feldquelle von einigen cm vom Körper passiert, werden Grenzwerte nicht überschritten. Unter Nahfeldbedingungen treten Stehwellen nicht auf.

Die Resultate des generischen Modells wurden an anatomischen Modellen unter Belastung mit den folgende Geräten simuliert: Walkie Talkie bei 450 MHz, Mobiltelefon bei 900 (GSM) und 1950 MHz (UMTS) und ein Computer mit WLAN-Karte bei 2450 MHz. Im Vergleich zum Flachphantom zeigte sich, das dieser überwiegend konservative Werte gegenüber der Exposition durch Geräte im Rumpfbereich liefert. Nur in einigen Ausnahmefällen unterschätzte das Flachphantom die Exposition um max. 5 %. Die maximale Exposition trat durchgehend an der Körperoberfläche auf, die Exposition der inneren Organe selber war deutlich geringer. Bei der Benutzung eines Laptops mit WLAN trat die maximale Exposition in den Oberschenkeln auf, die Exposition der Geschlechtsorgane war deutlich geringer. Die im generischen Modell beobachteten Stehwelleneffekte konnten am anatomischen Modell bestätigt werden, waren aber weniger ausgeprägt.

Der Temperaturanstieg infolge von HF-Exposition wurde am geschichteten Modell im Frequenzbereich von 30 MHz bis 5,8 GHz berechnet. Der maximale Temperaturanstieg trat durchwegs in den oberflächennahen Schichten auf, überwiegend in der Haut. Nach 30 min betrug er unter freier Konvektion (Wärmeabgabe von der Körperoberfläche an die Umgebung) bis zu 0,8 oC, unter adiabatischen Bedingungen (keine Wärmeabgabe an die Umgebung) nach 6 min bis zu 2,5 oC und nach 30 min bis zu 3,5 oC. Die am generischen Modell erzielten Ergebnisse wurden an anatomischen Modellen überprüft. Es wurde die Frequenz 450 MHz gewählt, da infolge der höheren Eindringtiefe hier mit der stärksten Erwärmung der inneren Organe zu rechnen ist. Der maximale Temperaturanstieg lag auch hier in den oberflächennahen Gewebeschichten, etwa 7 – 22 mm unter der Körperoberfläche, und betrug 0,16 – 0,23 oC bei ungehinderter Wärmeabgabe (freie Konvektion) und 0,23 – 0,31 oC unter adiabatischen Bedingungen. Die Erwärmung der inneren Organe erreichte maximal 0,11 oC, die maximale Erwärmung der Geschlechtsorgane betrug 0,04 oC.

Der Abschlussbericht liegt zum Download als PDF-Datei (1.321 kB) vor.

Publikationen

  • Christ A, Klingenböck A, Samaras T, Goiceanu C, Kuster (2006): The dependence of electromagnetic far-field absorption on body tissue composition in the frequency range from 300 MHz to 6 GHz. IEEE Transactions on microwave theory and techniques 54 (5): 2188 – 2195
  • Christ A, Samaras T, Klingenböck A, Kuster N (2006): Characterization of the electromagnetic near-field absorption in layered biological tissue in the frequency range from 30 MHz to 6000 MHz. Phys. Med. Biol. 51: 4951 – 4965
  • Samaras T, Christ A, Klingenböck A, Kuster N (2007) Worst-case temperature rise in a one-dimensional tissue model exposed to radiofrequency radiation. IEEE: Transactions on Biomedical Engineering, 54 (3): 492 - 496
  • Christ A, Samaras T, Neufeld E, Klingenböck A, Kuster N (2007): SAR distribution in human beings when using body-worn RF transmitters. Radiat. Prot. Dosimetry, doi:10.1093/rpd/ncm377

Fazit

Auf Grund von nicht in diesem Ausmaß erwarteten und bisher noch nicht beobachteten Effekten, die durch die Schichtung des Körpergewebes auftreten, kann es im Vergleich zu homogenem Gewebe oder Gewebe simulierenden Flüssigkeiten zur erhöhten Aufnahme (Absorption) elektromagnetischer Felder im Körper kommen. Diese werden vor allem durch Stehwelleneffekte bei fernfeldähnlicher Exposition verursacht und können mit homogenen Phantomen zur SAR-Bestimmung nicht reproduziert werden. Da sie nur im Fernfeldbereich auftreten, also im Abstand von einigen cm vom Körper, kommt es nicht zu einer Überschreitung der Grenzwerte. Die Exposition verschiedener innerer Organe wurde bestimmt. Hierbei konnte keine überhöhte Absorption für einzelne Organe beobachtet werden. In allen beobachteten Fällen ist der SAR-Wert an der Körperoberfläche größer als in einzelnen inneren Organen. Die durch die Exposition induzierte Temperaturerhöhung im geschichteten Gewebe kann unter Extrembedingungen (maximale Absorption, keine Thermoregulation, keine Wärmeabgabe durch die Haut) über 3,5 oC betragen und damit deutlich höher sein als bisher angenommen.

Dieses Szenario ist allerdings sehr unrealistisch. Bei ungehinderter Wärmeabgabe (freie Konvektion) wurden maximal 0,8 oC ermittelt. Die mit den anatomischen Modellen ermittelten Werte liegen bei bis zu 0,31 oC an der Körperoberfläche. Der für die inneren Organe ermittelte Temperaturanstieg ist vernachlässigbar, sofern die SAR-Grenzwerte eingehalten werden.