Bestimmung der spezifischen Absorptionsrate (SAR-Werte), die während der alltäglichen Nutzung von Handys auftritt

Thema

Bestimmung der spezifischen Absorptionsrate (SAR-Werte), die während der alltäglichen Nutzung von Handys auftritt

Beginn

01.12.2003

Ende

31.05.2005

Projektleitung

Ingenieurbüro Telecom Consult

Zielsetzung

Im Juni 2002 wurden von der Jury "Umweltzeichen" Kriterien festgelegt, welche die Vergabe des "Blauen Engels" für Handys regelt. Darin ist u.a. auch eine Begrenzung des SAR-Wertes vorgeschrieben. Momentan orientiert sich diese Vorgabe an dem standardisierten maximalen SAR-Wert der Geräte. Für die Bewertung der Geräte unter Strahlenschutzvorsorgeaspekten ist aber besonders der bei Gebrauch tatsächlich auftretende SAR-Wert relevant. Für die Bestimmung dieses Wertes und seiner zeitlichen und ggf. örtlichen Variabilität, gibt es derzeit keine abgestimmten Verfahren. Aus der Literatur liegen ebenfalls nur sehr rudimentäre Hinweise auf tatsächlich zu erwartende Belastungen der Nutzer vor.

Um die Nutzung von Mobiltelefonen in Hinblick auf den Schutz der Bevölkerung vor möglichen gesundheitlichen Risiken durch elektromagnetische Felder beurteilen zu können, ist neben der Kenntnis der Wirkungen dieser Felder auf den Menschen vor allem die tatsächliche Exposition genau zu charakterisieren. Derartige Detailkenntnisse liegen derzeit nicht vor. Darüber hinaus bestehen auch keine abgestimmten Verfahren zur Ermittlung der tatsächlichen Exposition durch Handys. Um belastbare Strahlenschutzvorsorgeempfehlungen geben zu können, sind die mit dem Vorhaben angestrebten Ergebnisse unbedingt erforderlich.

Ziel des Vorhabens ist es, mögliche Verfahren zur Ermittlung der tatsächlichen Exposition des Nutzers von Mobiltelefonen zu diskutieren. Des weiteren soll durch das Vorhaben an einer Reihe konkreter Beispiele die zeitliche Variabilität sowie die Abhängigkeit der Belastung des Nutzers vom Gerät, von der Netzstruktur und von Umgebungseinflüssen gezeigt werden.

Ergebnisse

Um verschiedene Nutzer-Szenarien zu untersuchen, wurden Messungen während der Fahrt mit dem PKW und im Zug sowie bei einem Gang durch ein Gebäude und im Freien durchgeführt. Halbstündige stationäre Telefonate in einem Raum ohne Zellwechsel mit mehreren Vesuchspersonen ergänzen die Daten. Derartige Unter­suchungen, die die tatsächliche Exposition in Abhängigkeit von Nutzerszenarien messen, sind bislang nur sehr vereinzelt durchgeführt worden. Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Abhängigkeit des SAR-Wertes und der Sendeleistung vom Empfangspegel, vom Verhalten der Versuchsperson und vom Umfeld.

Da der SAR-Wert nicht direkt im menschlichen Kopf gemessen werden konnte, musste man sich entweder einer Hilfskonstruktion mittels eines Messkopfes bedienen oder ein Berechnungsverfahren benutzen, um den SAR-Wert aus der Sendeleistung und der Handhaltung des Telefons zu berechnen. Die jeweiligen funktechnischen Größen wurden direkt aus dem Handy ausgelesen, und der zugehörende SAR-Wert mit dem Feldberechnungsprogramm FEKO ermittelt. Typische Handhaltungspositionen beim Telefonieren wurden aus Videoaufzeichnungen abgeleitet.

Für GSM ist charakteristisch, dass mit jedem Zellwechsel ein Hochregeln der Sendeleistung des Mobilfunkendgerätes auf den im jeweiligen Netz maximalen Wert erfolgt. Aus diesem Regelverhalten war zu vermuten, dass der im menschlichen Kopf erzeugte SAR-Wert höher ist als in Fällen, in denen nur selten ein Zellwechsel erfolgt, wobei auch die Bedeutung der Netzversorgung zu berücksichtigen ist.

Die Mittelwerte der maximalen Sendeleistung und des SAR-Wertes betragen bei GSM ca.:

  • bei PKW-Messfahrten mit vielen Zellwechseln und unterschiedlicher Netzver­sorgung:
    • 25 % der max. Sendeleistung und 13 % des max. zulässigen SAR-Wertes,
  • bei Zugfahrten mit vielen Zellwechseln und schlechter Netzversorgung:
    • 50 % der max. Sendeleistung (der SAR-Wert wurde nicht berechnet),
  • stationär in einem Raum ohne Zellwechsel mit guter Netzversorgung:
    • 10 % der max. Sendeleistung und 5 % des max. zulässigen SAR-Wertes,
  • stationär in einem Raum ohne Zellwechsel mit nicht so guter Netzversorgung:
    • 20 % der max. Sendeleistung und 10 % des max. zulässigen SAR-Wertes,
  • beim Gehen in einem Raum bei sehr guter Netzversorgung (CeBIT):
    • 13 % der max. Sendeleistung und 5 % des max. zulässigen SAR-Wertes,
  • beim Gehen im Freien bei einer mittleren bis schlechten Netzversorgung:
    • 70 % der max. Sendeleistung und 25 % des max. zulässigen SAR-Wertes.

Da bei UMTS bei einem Zellwechsel keine Regelung auf einen Maximalwert erfolgt, sondern UMTS mit niedriger Sendeleistung beginnt und nur so weit hoch regelt, wie es erforderlich ist, waren Unterschiede zu GSM zu erwarten. Bei den durchgeführten UMTS-Messungen wurden SAR-Werte ermittelt, die je nach untersuchtem Szenario ca. 1.000-fach bis 10.000-fach unter dem zulässigen Grenzwert von 2 W/kg lagen.

Der Abschlussbericht, der auch alle Zwischenberichte enthält, liegt zum Download als PDF-Datei (5.365 KB) vor.

Publikationen

  • Baumann J, Landstorfer FM, Geisbusch L, Georg R. (2006) Evaluation of radiation exposure by UMTS mobile phones. Electronics Letters 42(4): 225-226

Fazit

Die Resultate der vorliegenden Studie zeigen, dass unter GSM die maximale Sendeleistung von Mobiltelefonen häufig erreicht wird. Dieser Anteil liegt zwischen 5% und 30% der gesamten Gesprächsdauer. Während dieser Zeit wird ein SAR-Wert erreicht, der dem maximalen vom Hersteller angegebenen SAR-Wert nahe kommt. Einen großen Einfluss auf die tatsächliche Exposition hat die Versorgung. Bei einer guten Versorgung kann die Exposition sehr stark gesenkt werden. Ebenfalls führen häufige Zellwechsel zu einer erhöhten Exposition. Der Vergleich zwischen GSM und UMTS zeigt, dass UMTS infolge eines unterschiedlichen Regelverhaltens eine wesentlich geringere Exposition als GSM verursacht. Der maximale SAR-Wert wird unter UMTS nicht einmal annähernd erreicht.

Unter dem Aspekt der Minimierung der Exposition der Bevölkerung durch elektromagnetische Felder der mobilen Endgeräte ist eine möglichst gute Netzversorgung und das Einführen von UMTS positiv zu bewerten. Vor allem bei GSM ist es empfehlenswert, möglichst bei guter Netzversorgung zu telefonieren und unnötige Zellwechsel zu vermeiden. Bei schlechter Versorgung führt die Benutzung eines Headsets zur Reduktion der Exposition.