Differenzierte Betrachtung der Nutzung und der Wahrnehmung des Mobilfunks (Umfrage 2013)

Thema

Differenzierte Betrachtung der Nutzung und der Wahrnehmung des Mobilfunks (Umfrage 2013)

Beginn

01.06.2013

Ende

30.11.2013

Projektleitung

LINK Institut für Markt- und Sozialforschung GmbH

Zielsetzung

Ziel des Projektes war es, anhand einer im Jahr 2013 durchgeführten Befragung eine aktuelle „Differenzierte Betrachtung der Nutzung und der Wahrnehmung des Mobilfunks“ in Deutschland durch zu führen. Die Ergebnisse dieser Umfrage werden mit den vergangenen Umfragen zum Thema „Ermittlung der Befürchtungen und Ängste der breiten Öffentlichkeit hinsichtlich möglicher Gefahren der hochfrequenten elektromagnetischen Felder des Mobilfunks“ verglichen.

Es handelt sich bei diesem Forschungsvorhaben um eine Wiederholung der in den Jahren 2003 bis 2006 und 2009 im Rahmen des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms durchgeführten gleichartigen Umfragen. Erstmalig wurde eine sogenannte Dual-Frame-Umfrage durchgeführt, bei der ein Teil der Umfrage über Mobilfunknummern realisiert wurde. Somit konnte auch der Teil der Bevölkerung ohne Festnetzanschluss erreicht werden. Die Ergebnisse der Umfragen 2003 bis 2006 können unter http://www.emf-forschungsprogramm.de/forschung/risikokommunikation/risikokommunikation_abges/risiko_021.html und die Ergebnisse der Umfrage 2009 unter http://www.emf-forschungsprogramm.de/akt_emf_forschung.html/risiko_HF_003.html nachgelesen werden.

Im Zentrum dieser wie auch der vorangegangenen Befragungen standen die möglichen gesundheitlichen Befürchtungen und wahrgenommenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Bevölkerung im Hinblick auf die hochfrequenten elektromagnetischen Felder (EMF) des Mobilfunks. Darüber hinaus wurden verschiedene Parameter der Handynutzung, Informationsstand, sowie Kenntnis und Anwendung von Vorsorgemaßnahmen erhoben. Eine Sonderbefragung ermittelte das Handynutzungsverhalten von Kindern zwischen sechs und 13 Jahren und von Jugendlichen ab 14 Jahren.

Methode

Es wurden zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger ab dem Alter von 14 Jahren mittels Telefoninterviews (Festnetz und Handy) befragt. Es konnten 2500 Interviews erfolgreich durchgeführt werden. Zusätzlich wurden 87 Kinder (31 Prozent zwischen sechs und neun Jahren und 69 Prozent zwischen zehn und 13 Jahren) befragt. Die Gruppe der Jugendlichen umfasste 147 Personen (44 Prozent zwischen 14 und 15 Jahren und 56 Prozent zwischen 16 und 17 Jahren) und ist eine Teilmenge der Hauptbefragung.

Ein Interview dauerte ca. 22 Minuten, die Kinderinterviews acht Minuten. Den Jugendlichen wurden, über den normalen Fragebogen hinaus, zusätzliche Fragen gestellt. Den Erhebungen ging, wie bei den anderen Befragungen auch, ein Pretest zur Überprüfung der Verständlichkeit der Fragen und der Länge des Interviews voraus.

Ergebnisse

Rahmenparameter der Mobilfunknutzung

Die vorliegende Umfrage ergab, dass 88 Prozent der Bevölkerung mit einem Handy und 84 Prozent mit einem Schnurlostelefon telefoniert. Das Telefonieren mit dem Handy hat in der Dual Frame Stichprobe signifikant gegenüber dem Jahr 2009 zugenommen und das Telefonieren mit dem Festnetz signifikant abgenommen. Jeder zweite Handybesitzer telefoniert mit ihm täglich oder fast täglich. Die Länge der Gespräche stieg von 28 Minuten auf 43 Minuten pro Nutzungstag. Es gibt acht Prozent mehr männliche Handynutzer (92 Prozent) als weibliche Nutzer (84 Prozent). Jüngere Bevölkerungsgruppen nutzen Handys und neue Funktechnologien häufiger als ältere, obwohl die Prozentzahl der älteren regelmäßigen Handynutzer zunimmt (2013 waren es 68 Prozent gegenüber 54 Prozent im Jahr 2009). Jeder zweite Handybesitzer verfügt über ein Smartphone und 89 Prozent von diesen Besitzern geben an, dass sie damit auch das Internet nutzen. Der Anteil der Smartphone-Besitzer sinkt mit dem Alter und wächst mit dem Einkommen.

Hinter der Nichtnutzung von Handys (zwölf Prozent der Befragten) steht in allen Befragungsjahren nicht zwingend eine Ablehnung dieses Kommunikationsmittels, sondern nach Aussage der Befragten ein mangelnder Bedarf. Die Hälfte der Befragten weiß um den Standort einer Mobilfunk-Sendeanlage im Umkreis von bis zu 5 km um die eigene Wohnung beziehungsweise vermutet zumindest eine solche Sendeanlage im Umkreis. Dabei ist sich jeder zweite der Befragten sicher oder ziemlich sicher, eine Mobilfunk-Sendeanlage auf den ersten Blick erkennen zu können. In der Umfrage 2009 waren es 41 Prozent.

22 Prozent der Kinder zwischen sechs und neun Jahren und 93 Prozent der zehn- bis 13-jährigen Kinder besitzen ein eigenes Handy, wobei nur zehn Prozent täglich damit telefoniert. 86 Prozent der befragten Jugendlichen besitzen ein Handy, wobei 88 Prozent von ihnen ein Smartphone besitzen. Telefonieren ist jedoch nicht die Hauptnutzung des Handys, die vielfältigen anderen Nutzungsmöglichkeiten wie Handyspiele, Musik hören, Fotografieren, Internet, SMS und soziale Medien überwiegen bei den Jugendlichen.

Besorgtheit und Beeinträchtigung der Bevölkerung durch elektromagnetische Felder des Mobilfunks

Ohne nennenswerte Veränderung sind in den Jahren 2003 bis 2006, 2009 sowie 2013 die Anteile der Bevölkerung, die sich im Hinblick auf hochfrequente elektromagnetische Felder (EMF) des Mobilfunks besorgt (etwa 30 Prozent) beschreiben. Als gesundheitlich beeinträchtigt beschrieben sich in den zurückliegenden Umfragen 2003-2006 etwa neun Prozent. In 2009 stieg diese Zahl leicht auf zehn Prozent an, sank jedoch in der aktuellen Umfrage auf sieben Prozent.

Hauptursachen von gesundheitlichen Sorgen und subjektiv wahrgenommenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Befragten in Bezug auf EMF sind Mobilfunk-Sendeanlagen, Strahlung von elektrischen Geräten, Hochspannungsleitungen, der Gebrauch von Handys und Schnurlostelefonen. In der Besorgtheit um ihre Kinder steht die Handynutzung des Kindes im Vordergrund. Kopfschmerzen und Schlafstörungen werden am häufigsten als gesundheitliche Beeinträchtigung angegeben. Zumeist konnten keine speziellen Beeinträchtigungen genannt werden. Die Besorgten befürchten Krebs, Kopfschmerzen/Migräne, Schlafstörungen und neuronale Erkrankungen als Folge von EMF.

Insgesamt haben EMF jedoch keine so hohe Bedeutung wie andere mögliche gesundheitliche Gefährdungen. In der Reihenfolge der Besorgnis kommen EMF nach der Gentechnik in Lebensmitteln, dem Verzehr von Fleisch unbekannter Herkunft, der Luftverschmutzung, den Nebenwirkungen von Medikamenten, der UV-Strahlung, starken Zigarettenrauchens sowie übermäßigem Alkoholkonsum.

Die befragten Jugendlichen machen sich starke bis ziemlich starke Sorgen wegen der Luftverschmutzung, dem Verzehr von Fleisch unbekannter Herkunft, starken Zigarettenrauchens, der Gentechnik in Lebensmitteln, den Nebenwirkungen von Medikamenten, der UV-Strahlung, dem übermäßigen Alkoholkonsum, Strahlung von elektrischen Geräten und der Teilnahme am Straßenverkehr. Wenig Sorgen machen sie sich wegen Hochspannungsleitungen, Benutzung von Handys, Mobilfunksendeanlagen und Radio- und Fernsehanlagen. Die Benutzung von schnurlosen Festnetztelefonen verursacht so gut wie keine Sorgen. Das Thema EMF ist für Jugendliche kein zentrales Thema.

Es wurden mögliche Einflussgrößen auf die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen wegen EMF besorgt sind oder nicht, untersucht. Besonders hoch ist die Wahrscheinlichkeit, zu den wegen HF-EMF Besorgten zu zählen, unter Personen mit höherem Schulabschluss, Personen mit hoher Informiertheit über das Thema elektromagnetische Felder des Mobilfunks, Personen mit steigender Anzahl von Beschwerden durch HF-EMF sowie Personen, die angeben, eine Mobilfunk-Sendeanlage in der unmittelbaren Wohnumgebung zu haben. Aufgrund der Wahrscheinlichkeit dieser Personengruppe wegen HF-EMF besorgt zu sein, sollte auf die Mitglieder dieser Gruppe in der Risikokommunikation des BfS ein besonderes Augenmerk gelegt werden.

Kopfschmerzen, Schlafprobleme und allgemeines Unwohlsein in Form von Schlappheit zählen zu den häufigsten konkreten Beschwerden, die von Befragten in einen Zusammenhang mit elektromagnetischen Feldern gebracht werden. Allerdings kann die Mehrheit (etwa 52 Prozent) der nach Selbsteinschätzung durch HF-EMF Beeinträchtigten keine genauen gesundheitlichen Beschwerden benennen.

Es konnte festgestellt werden, dass sich die Nutzung des Mobilfunks weiter verbreitet und die Zurückhaltung in der Bevölkerung aus den vergangenen Umfragen nicht mehr zu spüren ist. Wenn es um die Frage einer etwaigen gesundheitlichen Beeinträchtigung durch den Handygebrauch oder einen Standort für eine Mobilfunk-Sendeanlage geht, gibt es bei einem Teil der Bevölkerung jedoch immer noch Bedenken.

Informationsstand der Bevölkerung hinsichtlich elektromagnetischer Felder

Die Bevölkerung setzt sich deutlich weniger als in den vorangegangenen Jahren mit dem Thema elektromagnetische Felder auseinander (Abfall von 44 Prozent 2009 auf etwa 36 Prozent). Gut beziehungsweise sehr gut informiert fühlen sich 24 Prozent der Befragten, gar nicht informiert 26 Prozent. Vor allem die Altersgruppe zwischen 16 und 17 Jahren hat in der aktuellen Umfrage angegeben, sich noch nie mit diesem Thema beschäftigt zu haben (57 Prozent gegenüber 20 Prozent 2009).

53 Prozent der Befragten ist mit dem derzeitigen Angebot zum Thema sehr zufrieden oder zufrieden. 67 Prozent der nicht so zufriedenen oder überhaupt nicht zufriedenen Befragten nehmen den Informationsgehalt als nicht ausreichend wahr. Weitere Gründe für deren Unzufriedenheit und das mangelnde Vertrauen sind die unzureichende Aufbereitung, die Kompliziertheit, die schlechte Erklärung und die fehlende Objektivität des Informationsmaterials.

Die Bevölkerung möchte bevorzugt über die Medien wie zum Beispiel das Internet (65 Prozent) informiert werden. Die Internetnutzung hat signifikant gegenüber der Umfrage 2009 (33 Prozent) zugenommen. Jugendliche kann man laut der vorliegenden Umfrage fast nur über das Internet erreichen, manchmal lassen sie sich auch über den Hausarzt aufklären beziehungsweise sprechen mit Freunden und Bekannten über das Thema EMF.

Die Bedeutung des SAR-Wertes (der spezifischen Absorptionsrate) insbesondere für den Kauf und Gebrauch von Handys und Smartphones ist nur 29 Prozent der Befragten bekannt (im Jahr 2009: 33 Prozent). Auch im Vergleich der letzten Jahre seit 2003 ist die Bekanntheit des SAR-Wertes nicht gestiegen. Zur verhältnismäßig niedrigen Bekanntheit des SAR-Wertes kommt die geringe handlungsleitende Wirkung dieses Merkmals: Im Jahr 2013 haben 20 Prozent derer, die den SAR-Wert kennen, angegeben, sich bei einer Entscheidung über die Anschaffung eines Handys schon einmal am SAR-Wert orientiert zu haben. Von allen Befragten geben sechs Prozent an, dass Sie beim Kauf eines neuen Handys auf den SAR-Wert achten. Von den 25 bis 34-Jährigen nannten sogar neun Prozent den SAR-Wert spontan als wichtigen Aspekt für den Handy-Neukauf haben. Damit hat der SAR-Wert in dieser Gruppe die größte Bedeutung.

35 Prozent der Kinder zwischen sechs und 13 Jahren wissen, dass Handystrahlung schädlich für die Gesundheit sein kann. 18 Prozent der Jugendlichen kennen den SAR-Wert und 14 Prozent fühlen sich gut informiert im Zusammenhang mit EMF hinsichtlich Mobilfunk.

Vorsorgeverhalten

Das Thema Vorsorge ist für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung kein Thema. Wenn überhaupt, dann wird die Gerätenutzung reduziert, werden die Geräte weit vom Körper weg gehalten, das Schlafzimmer von elektrischen Geräten frei gehalten oder das Handy ausgeschaltet.

Der Bericht ist zu finden im Digitalen Online Repositorium und Informations-System (DORIS) des Bundesamtes für Strahlenschutz.

Fazit

Die Befragungsreihe (2003 bis 2006, 2009 und 2013) zur Wahrnehmung des Mobilfunks in der Bevölkerung zeigt für einige Befragungsinhalte eine hohe Konstanz jedoch für einige Befragungsinhalte einen Wandel. Auf die Gesamtgesellschaft bezogen ist das Thema Mobilfunk immer noch relevant.

Die Daten liefern wichtige Erkenntnisse über die Bedeutung des Themas Mobilfunk in der Gesellschaft, insbesondere über zentrale Rahmenparameter der Mobilfunknutzung und –wahrnehmung in der deutschen Bevölkerung. Sie geben Aufschluss über die Rolle des Mobilfunks im Vergleich zur Wahrnehmung verschiedener anderer möglicher Gesundheitsrisiken, sowie über die Ausprägung und die Entwicklung verschiedener Parameter der Risikowahrnehmung über die Zeit hinweg. Die Ergebnisse dienen damit dem BfS als wichtige Grundlage für die Ausrichtung der Öffentlichkeitsarbeit und für weitere Aktivitäten zur Risikokommunikation (zum Beispiel im Kontakt mit verschiedenen Stakeholdern und Interessensgruppen, in Gesprächen mit der Öffentlichkeit zu Risiko und Risikowahrnehmung, bei gesundheitsbezogenen Fragen der Bevölkerung oder bei Fragen zur Bekanntheit und Nutzung des SAR-Wertes als Kaufentscheidung), sowie als Ausgangspunkt für weitere gezielte Erhebungen und Analysen zu dieser Thematik.