Numerische Bestimmung der Spezifischen Absorptionsrate bei Ganzkörper Exposition von Kindern

Thema

Numerische Bestimmung der Spezifischen Absorptionsrate bei Ganzkörper Exposition von Kindern

Beginn

29.12.2006

Ende

30.09.2008

Projektleitung

IT'IS Foundation, Zürich, Schweiz

Hintergrund

Aus vorangegangenen Studien anderer Gruppen lagen Hinweise vor, dass bei Kindern die Energieabsorption bei einer Ganzkörperexposition mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern höher ist als bei Erwachsenen. In bestimmten Frequenzbereichen kann dadurch bei einer Exposition in Höhe der international empfohlenen Referenzwerte die über den ganzen Körper gemittelte spezifische Absorptionsrate (SAR) überschritten werden. In den zugrundeliegenden Studien wurden zur Bestimmung der SAR auf Größe und Gewicht von Kindern skalierte Modelle Erwachsener verwendet. Auf Grund der bei Erwachsenen und Kindern verschiedenen Proportionen und Gewebeverteilungen (z.B. des Körperfetts) ist eine Skalierung von Erwachsenen auf Kinder jedoch mit Unsicherheiten behaftet.

Zielsetzung

Ziel des Forschungsvorhabens war es, mittels verbesserter Computersimulationen die Einhaltung des empfohlenen Höchstwerts für die Basisgröße SAR bei externen Feldstärken in Höhe der Referenzwerte im Frequenzbereich von einigen MHz bis zu einigen GHz zu prüfen. Die Berechnungen sollten nicht wie in den vorangegangenen Untersuchungen an skalierten Modellen Erwachsener sondern an realistischeren Modellen von Kindern und Jugendlichen verschiedenen Alters durchgeführt werden. Da die für die Aufgabenstellung erforderlichen Ganzkörpermodelle zu Beginn des Projekts nicht verfügbar waren, sollten diese in der ersten Projektphase zunächst entwickelt werden.

Ergebnisse

In einem ersten Zwischenbericht beschreibt der Auftragnehmer die Auswahl der Probanden und die Vorgehensweise bei der Entwicklung der CAD-Modelle.

Der Bericht liegt zum Download als PDF-Datei (827 KB) vor.

Der zweite Zwischenbericht zeigt die im Rahmen des Projekts entwickelten Körpermodelle.

Der Bericht liegt zum Download als PDF-Datei (1.177 KB) vor.

Die entwickelten Körpermodelle können bei Bedarf anderen Interessenten zur Verfügung gestellt werden. Das Recht auf unentgeltliche Nutzung ist auf wissenschaftliche Zwecke beschränkt. Interessenten können sich unter Nennung des beabsichtigten Verwendungszwecks direkt an den Forschungsnehmer (IT'IS Foundation, Zürich, Schweiz) oder an das BfS wenden.

Im Abschlussbericht sind die Ergebnisse der dosimetrischen Untersuchungen dokumentiert. Dabei haben sich die Hinweise bestätigt, dass bei externen Feldstärken in Höhe der Referenzwerte die über den ganzen Körper gemittelte Absorption höher sein kann als der für die allgemeine Bevölkerung empfohlene Höchstwert für die SAR von 0,08 W/kg. Betroffen sind Frequenzbereiche zwischen ca. 1,5 und 5 GHz sowie um 100 MHz. Es wurden maximale Überschreitungen von etwa 50% gefunden. Der Effekt tritt am deutlichsten bei Frequenzen um 2 GHz und bei kleinen Körpermodellen mit einem geringen Körper-Masse-Index (englisch: body-mass-index, BMI) auf. Im Unterschied zu vorangegangenen Studien zeichnen sich die in diesem Projekt durchgeführten Untersuchungen durch die Verwendung besonders realistischer Körpermodelle aus. Die erweiterte numerische Unsicherheit für die Bestimmung der Ganzkörper-SAR wurde mit 1,2 bis 1,3 dB abgeschätzt.

Fazit

Die Ergebnisse des Projekts bestätigen die Hinweise aus vorangegangenen Untersuchungen, dass der empfohlene Höchstwert für die Basisgröße SAR von 0,08 W/kg bei Expositionen in Höhe der von der ICNIRP definierten und von der EU übernommenen Referenzwerte aufgrund einer erhöhten Absorption in Kindern in bestimmten Frequenzbereichen überschritten werden kann. Die Unsicherheiten, die mit der Verwendung skalierter Körpermodelle und mit der fehlenden Berücksichtigung altersabhängiger dielektrischer Gewebeeigenschaften verbunden waren, konnten verringert werden. Die aus den Ergebnissen dieses Projekts ableitbaren, für die Überschreitung des empfohlenen Höchstwerts der Basisgröße SAR erforderlichen externen Feldstärken treten in praxisrelevanten Expositionsszenarien allerdings nur in räumlichen Verteilungen auf, die nicht geeignet sind, die beschriebenen Ganzkörperexpositionen (über den gesamten Körper gemittelte SAR-Werte) tatsächlich hervorzurufen. So haben z.B. alle bislang durchgeführten Untersuchungen u.a. im Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramm gezeigt, dass die den definierten Referenzwerten entsprechenden Grenzwerte der 26. BImSchV in der für die allgemeine Bevölkerung frei zugänglichen Umgebung von ortsfesten Funksendeanlagen auch unter Annahme maximaler Betriebszustände nur zu wenigen Prozent ausgeschöpft werden. Feldstärken in Höhe der Referenzwerte und darüber können in der unmittelbaren Umgebung von Endgeräten auftreten, sind dort aber sehr inhomogen verteilt und führen insgesamt nicht zu den hier diskutierten Ganzkörperexpositionen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bei stark inhomogener Feldverteilung die empfohlenen Teilkörpergrenzwerte das restriktivere Strahlenschutzkriterium darstellen. Aus diesem Grund ist mit den im Rahmen des Projekts erzielten Ergebnissen kein aktuelles Strahlenschutzproblem für die allgemeine Bevölkerung verbunden. Allerdings weisen die Ergebnisse auf eine Inkonsistenz des empfohlenen Systems aus Basis- und Referenzwerten hin. Die ICNIRP hat hierzu Stellung genommen [1]: In Anbetracht des hohen Reduktionsfaktors zwischen den biologischen Wirkungsschwellen und den Basiswerten von 50 (entspricht 5000%) bewertet ICNIRP die neuen dosimetrischen Befunde als eher vernachlässigbar. Bewertungen anderer internationaler Gremien oder der EU liegen bislang nicht vor. Das BfS wird die aktuellen wissenschaftlichen Befunde in Beratungen zur Überarbeitung der 26. BImSchV einbringen. Ausgehend von den aktuellen Leitlinien der ICNIRP und der darauf aufbauenden Empfehlung der EU erscheinen zudem weitere Untersuchungen hinsichtlich zusätzlicher Körpergeometrien und anderer Körperhaltungen erforderlich, um die Frequenzgrenzen und das Maß der beschriebenen Inkonsistenz weiter aufzuklären.



[1] The International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection, "ICNIRP STATEMENT ON THE "GUIDELINES FOR LIMITING EXPOSURE TO TIME-VARYING ELECTRIC, MAGNETIC, AND ELECTROMAGNETIC FIELDS (UP TO 300 GHz)"," Health Physics, vol. 97, pp. 257-258, Sep 2009.