Bestimmung von SAR-Werten bei der Verwendung von Headsets für Mobilfunktelefone

Thema

Bestimmung von SAR-Werten bei der Verwendung von Headsets für Mobilfunktelefone

Beginn

15.06.2007

Ende

31.01.2008

Projektleitung

IT'IS Foundation, Zürich, Schweiz

Zielsetzung

In diesem Forschungsvorhaben sollten kabelgebundene und draht- bzw. kabellose Headsets insbesondere hinsichtlich der im Kopf eines Nutzers hervorgerufenen maximalen SAR10g-Werte verglichen werden. Es sollte der Frage nachgegangen werden, ob die bei der Verwendung kabelgebundener Headsets auftretenden SAR10g-Werte in allen Frequenzbändern und z. B. unabhängig von der Kabelführung entlang des Körpers immer niedriger oder auch höher sein können als die Werte, die beim Gebrauch drahtloser Geräte (üblicherweise Geräte mit „Bluetooth“-Funkschnittstelle) auftreten und von welchen Parametern dies abhängt. Weiterhin sollte auch der Einfluss, den das Kabel eines kabelgebundenen Headsets auf die SAR-Werte im Rumpf des Nutzers hat, analysiert werden. Aus den Ergebnissen sollten Empfehlungen zur vorsorglichen Reduzierung der Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern beim Gebrauch von Mobilfunktelefonen abgeleitet werden können.

Ergebnisse

SAR-Werte wurden im Rahmen dieses Projekts in verschiedenen Konfigurationen messtechnisch in homogenen Körperphantomen (SAM-Kopf-, Flach-, Unterdruckphantom, iSAR Messsystem) sowie rechentechnisch in zwei verschiedenen hochaufgelösten, anatomischen Ganzkörpermodellen bestimmt. Die ermittelten Werte wurden auch mit den Werten verglichen, die beim Betrieb des Mobiltelefons alleine (jeweils ohne angeschlossenes Headset) direkt am Kopf bzw. zu weiteren Vergleichszwecken direkt am Rumpf zu erwarten sind. Messtechnisch wurden zwei unterschiedliche Mobiltelefone („Klapphandy“ mit externer Stummelantenne und „Barrenhandy“ mit integrierter Antenne), drei kabelgebundene Headsets und drei kabellose Headsets untersucht. Numerisch wurde ein Mobiltelefon und ein kabelgebundenes Headset analysiert. Am Rumpf wurden dabei unterschiedliche Abstände der Telefone von der Körperoberfläche sowie verschiedene Orientierungen zum Körper (Vorder-/Rückseite des Telefons zum Körper ausgerichtet) berücksichtigt, während am Kopf die aus den Typprüfungen bekannten Standardpositionen „touch“ und „tilt“ gewählt wurden. Alle Untersuchungen wurden für Sprachtelefonie (keine Datenübertragungsmodi) in den Systemen GSM 900, GSM 1800 und UMTS 1950 durchgeführt.

Die Resultate können wie folgt zusammengefasst werden:

Die messtechnisch bestimmten SAR-Werte der kabellosen Headsets sind sehr gering. Beinahe alle Einzelmesswerte lagen unter der Empfindlichkeitsgrenze des Messsystems, so dass gemittelt über 10 g nur die Angabe SAR10g < 0,005 W/kg gemacht werden kann.

In Abhängigkeit von der Führung des Kabels eines kabelgebundenen Headsets entlang der Antenne des angeschlossenen Mobiltelefons koppelt ein bestimmter Anteil der vom Telefon ausgesandten HF-Leistung auf das Kabel über und ruft messbare SAR-Werte entlang des Kabels im Rumpf und schließlich im Kopf des Nutzers hervor. Die SAR10g-Werte im Kopf sind bei Headsets mit zwei Ohrhörern im Vergleich zu einem Gerät mit nur einem Ohrhörer geringer, da sich die HF-Leistung auf die zwei Leitungen aufteilt und somit entsprechend geringere Leistungseinträge im Kopfbereich verursacht werden.

In keinem der untersuchten GSM 900 Szenarien ergab sich im Kopfbereich für den Gebrauch eines kabelgebundenen Headsets ein höherer SAR10g-Wert verglichen mit dem insgesamt maximalen Wert, der beim direkten Betrieb des Telefons am Kopf bzw. Ohr eines Nutzers zu erwarten wäre. Auch dann nicht, wenn die Kabelführung so gewählt wurde, dass die maximale Kopplung der HF-Leistung auf das Kabel des Headsets eintritt. In allen Fällen wurde die maximale Sendeleistung der Telefone in den jeweiligen Mobilfunknetzen angenommen. Nicht berücksichtigt wurden der Einfluss der Hand beim Betrieb des Mobiltelefons am Ohr bzw. Kopf sowie die dynamische Sendeleistungsregelung des Mobiltelefons durch das Mobilfunknetz.

Bei UMTS- und besonders im GSM 1800 - Band traten hingegen in Fällen, in denen das Headset-Kabel nicht in einem geringen Abstand entlang des Körperrumpfes geführt wurde, Erhöhungen der maximalen SAR10g-Werte im Kopfbereich um Faktoren bis zu 2,5 auf (verglichen mit dem Betrieb des jeweiligen Telefons im gleichen Frequenzband direkt am Ohr bzw. Kopf). Dieser Effekt war im GSM1800-Band bei allen drei Headsets und bei beiden untersuchten Mobiltelefonen zu beobachten. Im UMTS-Band trat der Effekt nur in der Kombination eines Telefons mit zwei der drei Headsets auf und war weniger deutlich ausgeprägt (Erhöhung ca. nur um Faktor 1,3). Situationen, in denen das Kabel nicht nahe entlang des Körperrumpfes verläuft, können in der Praxis auftreten, wenn das Mobiltelefon mit einem angeschlossenen kabelgebundenen Headset während des Telefonats nicht direkt am Körper getragen, sondern z. B. auf dem Schreibtisch abgelegt wird. Da die normgerecht für den Betrieb der Mobiltelefone am Kopf ermittelten maximalen SAR10g-Werte im GSM 1800- und UMTS - Band verglichen mit den Werten im GSM 900-Band relativ gering sind, ist trotz der bis zu 2,5-fachen Erhöhung mit dem beobachteten Effekt bei den hier untersuchten Handymodellen keine Überschreitung der Grenzwerte verbunden. Wird das Kabel nahe am Körperrumpf entlang geführt ergeben sich ähnlich wie für das GSM 900-Band auch für das GSM 1800- und das UMTS - Band Reduktionen der maximalen SAR10g-Werte im Kopfbereich. Hierbei wurden je nach Kombination Handy/Headset und je nach konkretem Kabelverlauf messtechnisch Reduktionsfaktoren zwischen 1,2 und 372 gefunden. Für das GSM 900-Band lagen die Werte zwischen 2,8 und 251.

Der insgesamt höchste SAR10g-Wert im Bereich der Ohrhörer wurde in diesem Projekt mit 0,33 W/kg gemessen. Die numerischen Untersuchungen an anatomisch korrekten Kopfmodellen bestätigen die Größenordnung (0,37 W/kg).

Beim simulierten Betrieb eines Mobiltelefons am Körperrumpf ergaben sich in Abhängigkeit von der Orientierung des Telefons zur Körper- bzw. Phantomoberfläche deutlich (bis zu Faktor 15) unterschiedliche SAR10g-Werte im Körperrumpf bzw. in dem zu Messzwecken verwendeten homogenen Flachphantom. Der insgesamt höchste SAR10g-Messwert trat bei dem simulierten Betrieb eines Mobiltelefons mit der Rückseite zum Körper auf. Mit 3,2 W/kg lag dieser Wert über dem empfohlenen maximalen SAR10g-Wert von 2,0 W/kg. Zusätzlich trat erwartungsgemäß eine deutliche Abhängigkeit der SAR-Werte von der Entfernung des Mobiltelefons zum Körper auf.

Durch den Anschluss eines Headsets an ein am Rumpf betriebenes Mobiltelefon veränderten sich die maximalen SAR10g-Werte im Rumpf verglichen mit der Situation ohne Headset trotz einer für die Exposition anzunehmend ungünstigen Kabelführung [hohe Kopplung] in den meisten Fällen nur wenig. Wenn die Telefone mit der Rückseite zum Körper betrieben wurden, verringerten sich die maximalen SAR10g-Werte durch den Anschluss des Headsets tendenziell etwas, ansonsten erhöhten sie sich durch den Anschluss eher leicht. Dies konnte sowohl bei den Messungen wie auch bei den Simulationsrechnungen beobachtet werden. Unterschiedliches Verhalten wurde z. T. hinsichtlich der beiden anatomischen Körpermodelle, der jeweiligen Sendefrequenzen (900 / 1800 / 1950 MHz) und der Trageposition (Hemd- / Hosentasche) beobachtet, so dass weitergehende, generell gültige Aussagen aus diesen Untersuchungen kaum abzuleiten sind. So erhöhte sich in einem Fall (UMTS, Vorderseite des Mobiltelefons zum Körper ausgerichtet, Hosentaschenposition, Körpermodell "Billie") der maximale SAR10g-Wert im Rumpf von vorher 0,5 W/kg auf 1,1 W/kg, während er in dem anderen Körpermodell mit 0,7 W/kg beinahe konstant blieb.

Der Abschlussbericht liegt zum Download als PDF-Datei (4.076 KB) bereit.

Fazit

Die Exposition des Kopfes kann beim mobilen Telefonieren durch den Gebrauch von Headsets deutlich vermindert werden. Kabellose Headsets (maximal Bluetooth Klasse II) führen zu sehr geringen, von der Sendeleistungsregelung des Mobilfunkendgeräts und vom jeweiligen Mobilfunksystem unabhängigen Expositionen. Bei der Verwendung kabelgebundener Headsets können unter ungünstigen Bedingungen im Kopf lokal SAR10g-Werte auftreten, die höher sind als die Werte, die im gleichen Frequenzband beim Gebrauch des Mobiltelefons direkt am Kopf bzw. Ohr entstehen. In diesem Projekt wurde eine Erhöhung nur für die Mobilfunksysteme GSM 1800 und UMTS, nicht aber für GSM 900 beobachtet. Abhängig ist der Effekt somit einerseits vom verwendeten Frequenzband sowie insbesondere vom Verlauf des Kabels im Bereich der Handyantenne und entlang des Körpers bis hin zum Kopf. In Fällen, in denen eine ausgeprägte Kopplung von HF-Sendeleistung auf das Kabel möglich ist und das Kabel nicht nahe am Körper entlang geführt wird, kann es zu einer Überhöhung der SAR-Werte im Kopf kommen. In der überwiegenden Zahl möglicher Konfigurationen ist aber auch mit kabelgebundenen Headsets eine deutliche Expositionsverminderung im Kopfbereich zu erreichen.

Die Untersuchungen zum Betrieb eines Mobiltelefons am Körperrumpf zeigen, dass es in ungünstigen Fällen zu Überschreitungen des Grenzwertes von 2,0 W/kg kommen kann. Die von den Herstellern in den Gebrauchsanweisungen angegebenen Sicherheitshinweise für den Betrieb am Köperrumpf sind daher zwingend zu beachten.

Die Hersteller kabelgebundener Headsets sollten technische Maßnahmen ergreifen, um die Einkopplung von und/oder die Weiterleitung bis zum Kopf der auf das Kabel eingekoppelten HF-Leistung zu unterdrücken.

Publikationen

  • Sven Kühn, Eugenia Cabot, Andreas Christ, Myles Capstick and Niels Kuster:
    Assessment of the radio-frequency electromagnetic fields induced in the human body from mobile phones used with hands-free kits, Phys. Med. Biol. 54 (2009) 5493–5508, doi:10.1088/0031-9155/54/18/010