"Konfliktfeld Mobilfunk: Kommunale Handlungsspielräume und Lösungsstrategien" (Cornelia Rösler (Hrsg.)), Deutsches Institut für Urbanistik, 2003

Das Deutsche Institut für Urbanistik (DIFU) veröffentlichte Ende Februar 2004 die Publikation "Konfliktfeld Mobilfunk: Kommunale Handlungsspielräume und Lösungsstrategien". Es handelt sich um eine Sammlung von 14 Einzelbeiträgen verschiedener Autoren und Autorinnen über unterschiedliche Erfahrungen und Positionen von "Beteiligten" und "Betroffenen" zum Thema Mobilfunk, insbesondere zu Mobilfunksendeanlagen. Herausgeberin ist Cornelia Rösler, Mitarbeiterin des DIFU. Der Materialienband kann gegen ein geringes Entgelt beim DIFU bestellt werden.

Ausgangspunkt für das Erstellen dieser Beiträge war die schwierige Situation der Kommunen, beim Bau neuer Sendeanlagen den Aspekten Vorsorge, Information und Beratung, Transparenz und Koordination zu entsprechen und dabei zwischen den Ängsten der Bevölkerung und den Interessen der Mobilfunkbetreiber zu vermitteln. Dazu hat das DIFU in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag im September 2002 und Januar 2003 zwei Seminare in Köln durchgeführt. Hier wurden sowohl die Möglichkeiten der Kommunen zur Erfüllung dieser Aufgaben dargelegt als auch unterschiedliche Herangehensweisen verschiedener Beteiligter vorgestellt und diskutiert. Die Seminarbeiträge und Diskussionsergebnisse wurden nun in der o.g. Publikation zusammengefasst und um Positionen aus Sicht der Mobilfunkbetreiber und einer Bürgerinitiative ergänzt.

Ziel dieser Publikation ist es, durch die Darlegung der unterschiedlichen Sichtweisen von Kommunen, Mobilfunkbetreibern, Bürgerinitiativen etc. einen Beitrag zur Konfliktminderung zu leisten, da die genaue Kenntnis der verschiedenen Positionen und unterschiedlichen Standpunkte eine wichtige Voraussetzung für die Konfliktvermeidung und -lösung ist.

Inhalt

Die Beiträge umfassen die Themenbereiche Vorsorge und baurechtliche Aspekte beim Ausbau des Mobilfunknetzes in Deutschland, Immissionen der Mobilfunkbasisstationen, Bedeutung der Risikokommunikation, Erfahrungen und Vorgehensweisen in verschiedenen Städten, Mobilfunk aus der Sicht des Verbraucherschutzes und der Bürgerinnen und Bürger, Handlungsspielräume für Kommunen und Netzbetreiber sowie Erfolgsfaktoren für deren Zusammenarbeit. Einige Beiträge bieten dabei einen tiefgehenden inhaltlichen Einblick in den spezifischen Themenbereich (wie z.B. die Ausführungen über baurechtliche Aspekte oder auch Immissionen durch Basisstationen) und können somit als eine Art "Wegweiser" für diesen Themenschwerpunkt dienen. Andere Artikel liefern anhand der Erfahrungsberichte über den Mobilfunkausbau in verschiedenen Städten (Nürnberg, München, Heidelberg, Duisburg und Düsseldorf) eine prozessbezogene Übersicht über die kommunalspezifische Handhabung der Standortthematik. So hatte z.B. in München die umfassende Information der Öffentlichkeit von Beginn an einen großen Stellenwert, ebenso wie die Immissionsminimierung. Nürnberg hebt das Verfahren des Runden Tisches hervor sowie die besondere Berücksichtigung sensibler Bereiche bei der Standortwahl. In Heidelberg wurde von Anfang an eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der zentralen Beteiligten und Betroffenen gebildet, um den Prozess der Standortsuche von vornherein im Konsens durchzuführen. Öffentliche Diskussionsveranstaltungen, Messungen der Immissionen und öffentliche Präsentationen der Ergebnisse zur Versachlichung der Diskussion sollten diesen Prozess unterstützen. In der Stadt Duisburg wurde das sogenannte "Duisburger Modell" ins Leben gerufen, das insbesondere auch den Besorgnissen und Ängsten der Bürger Rechnung tragen sollte. In diesem Modell werden sensible Bereiche wie Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser nicht grundsätzlich als mögliche Standorte abgelehnt, sondern kommen unter Bezugnahme auf den "Leuchtturm-Effekt" gerade dafür in Betracht. Im Falle von Unsicherheiten in der Bevölkerung werden zusätzlich Messkampagnen durchgeführt. Die Stadt Düsseldorf sieht die "Freiwillige Vereinbarung" (Vereinbarung über den Informationsaustausch und die Beteiligung der Kommunen beim Ausbau der Mobilfunknetze zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den Mobilfunkbetreibern) als Grundlage für den Umgang mit der Standortsuche. Hier wurden zunächst Messungen durchgeführt, um einen Überblick über die Strahlenbelastung zu erhalten und im Rahmen eines "Runden Tisches" zwischen Betreibern und mobilfunkkritischen Initiativen versucht, gemeinsame Vorsorgekriterien für den Mobilfunkausbau festzulegen.

Die Bedeutung der angemessenen und frühzeitigen Information der Bürger (z.B. durch Informationsveranstaltung, Broschüren, Messungen und deren Veröffentlichung) zieht sich als zentraler Aspekt durch die Beiträge dieser Publikation. Aus Sicht des Verbraucherschutzes wird betont, dass die Ängste der Bürger wahrgenommen werden müssen und nicht als Störfaktor zu sehen sind. Darüber hinaus wird Beitrags übergreifend festgestellt, dass ein kontinuierlicher Dialog zwischen allen Beteiligten die einzige Möglichkeit ist, in Teilbereichen einen Konsens herbeizuführen, bevor Konflikte entstehen. Einigungen zwischen den Beteiligten können umso wahrscheinlicher erzielt werden, je frühzeitiger ein Dialog stattfindet, der einer Verhärtung der Fronten entgegenwirkt.

Bewertung des BfS

Die Aufgaben der Kommunen als Vermittler in dem Spannungsfeld Mobilfunk wird durch die zahlreichen und abwechslungsreichen Beiträge gut verdeutlicht. Die Erfahrungsberichte der Städte zeigen, dass trotz des "einheitlichen Rahmens" - nicht zuletzt die freiwillige Vereinbarung Mobilfunknetze zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den Mobilfunkbetreibern und die Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber - jede Stadt im Zuge eines Diskussions- und Abwägungsprozesses zu einer spezifischen Schlussfolgerung für den Umgang mit der Standortbestimmung kommt.

Für den mit der Thematik befassten Leser wäre allerdings ein differenzierterer Einblick in die konkreten Probleme und Konflikte bei der Umsetzung der verschiedenen Herangehensweisen bzw. Modelle (z.B. "Duisburger Modell"), sowie in die daraus resultierenden Verbesserungsmöglichkeiten von Interesse. Gerade eine solche positiv wie negativ kritische Betrachtungsweise vorhandener Vorgehensweisen könnte dazu beitragen, den Kommunen, die an der Bewertung und evtl. Übernahme bereits praktizierter Modelle bzw. Herangehensweisen interessiert sind, den konstruktiven Umgang mit diesen Erfahrungen zu ermöglichen.

Es wäre sinnvoll, die Publikation den an dem Themenfeld Mobilfunk beteiligten Akteuren aktiv zur Verfügung zu stellen und die Auseinandersetzung mit den jeweils "anderen" Positionen anzustoßen. Nur so kann das Ziel erreicht werden, anhand der Darstellung der Herangehensweisen und Positionen der verschiedenen Beteiligten einen Einblick in die zahlreichen Sichtweisen des Themenkomplexes "Mobilfunk" zu geben und durch eine schrittweise und auch sachliche Annäherung der unterschiedlichen Akteure und Positionen zur Konfliktminderung beizutragen.