Untersuchung der Schlafqualität bei elektrosensiblen Anwohnern von Basisstationen unter häuslichen Bedingungen.

Thema

Untersuchung der Schlafqualität bei elektrosensiblen Anwohnern von Basisstationen unter häuslichen Bedingungen.

Beginn

01.07.2005

Ende

31.12.2006

Projektleitung

Technische Universität Graz

Zielsetzung

Eine zunehmende Anzahl von Personen klagt über unspezifische Gesundheitsbeschwerden wie z.B. Schlafstörungen, die diese auf die Einwirkung elektromagnetischer Felder von Mobilfunk-Basisstationen zurückführen. Bisherige Untersuchungen an Elektrosensiblen erfolgten primär als Provokationsexperimente, in denen eine Exposition simuliert wurde. Bei nicht geglücktem Elektrosensibilitätsnachweis haben dabei die Elektrosensiblen geklagt, dass sie sich in der ungewohnten Umgebung und aufgrund des EMF-Stresses sowie wegen zu kurzer Erholungszeiten in einer Ausnahmesituation befunden und daher nicht wie gewohnt reagiert hätten. In dem hier vorgeschlagenen Untersuchungsansatz soll von den bisherigen Provokationsexperimenten in fremder Umgebung abgegangen und durch "Protektionsexperimente" die Reaktion auf den Wegfall der elektromagnetischen Exposition in den Wohnungen von Betroffenen untersucht werden. Es soll den subjektiven Überzeugungen nachgegangen werden, dass Hochfrequenz- Sendeanlagen bei Expositionen weit unterhalb des Grenzwertes Schlafstörungen verursachen könnten. Unter häuslichen Bedingungen soll die subjektiv empfundene Schlafqualität durch Messung von Langzeitparametern objektiviert werden.

Ergebnisse

Als erstes wurde eine bewertende Literaturstudie zu möglichen Einflüssen von Hochfrequenzfeldern des Mobilfunks auf die Gehirnaktivität, die Schlafqualität und das Wohlbefinden von Menschen und die möglichen ursächlichen Zusammenhänge speziell im Hinblick auf Elektrosensibilität erstellt. Die methodischen Ansätze der einzelnen Arbeiten wurden kritisch hinterfragt.

Die Literaturstudie liegt zum Download als PDF-Datei (393 KB) vor.

Weiterhin wurden subjektiv elektrosensible Personen untersucht, die unter besonders massiven Schlafstörungen litten und verfestigte Überzeugungen über einen Zusammenhang mit hochfrequenten Immissionen hatten. In den Wohnungen der Probanden wurde der Schlafplatz durch einen mobilen “Baldachin” aus HF- schirmendem Material abgeschirmt („verum“). Der Schirmfaktor betrug etwa 20 dB. Zusätzlich wurde ein äußerlich gleicher nicht schirmender Stoff verwendet („sham“). Unter Kontrollbedingungen war kein Baldachin vorhanden. Es wurden je 3 Nächte unter den jeweiligen Bedingungen im randomisierten Doppelblind- Design untersucht. Die tatsächlichen Feldverhältnisse am Schlafplatz wurden durch Messungen bestimmt und dokumentiert.

Insgesamt wurden jede Nacht folgende Parameter erfasst:

  • Am Abend: Befindlichkeit, Müdigkeit (standardisierte Fragebögen), Elektrosensitivität (Messung).
  • Während des Schlafs: Polysomnographie (Somnomedics®), HF- Exposition.
  • Am Morgen: Befindlichkeit, Müdigkeit, Elektrosensitivität.

In der Feldstudie wurden 20 Probanden vollständig untersucht und deren Schlaf in 214 Nächten polysomnographisch und durch subjektive Bewertungsfragebögen erfasst. Die Ergebnisse wurden mit Daten von 24 Probanden in 261 Nächten gepoolt, die in einer vorhergehenden Studie (EPROS Österreich) erhoben worden waren. Die statistische Auswertung der Ergebnisse erfolgte mittels Multivarianzanalyse.

Obwohl es kein Auswahlkriterium war, zeigte es sich, dass die meisten Probanden eine gegenüber der Allgemeinbevölkerung erhöhte Elektrosensitivität aufwiesen.

Eine Vielzahl von Kofaktoren, die sowohl persönliche Daten und Tagesereignisse als auch physikalische Randbedingungen betrafen, wurde erfasst und statistisch analysiert, diese hatten alle keinen Einfluss auf die Schlafqualität.

Die Messungen der elektromagnetischen Immissionen haben die Erwartungen der Probanden nicht bestätigt, wonach in ihren Schlafzimmern atypisch hohe elektromagnetische Immissionswerte festzustellen sein würden. In den meisten Wohnungen überwog der Immissionsanteil der Radio- und Fernsehsender über jenem der Mobilfunk-Basisstationen. Die gepoolte Auswertung für die Gesamtgruppe aller Probanden ergab unter Kontrollbedingungen einen statistisch nicht signifikanten Trend zu einer besseren subjektiv empfundenen Schlafqualität mit zunehmender Immissionsstärke in den Wohnungen.

Bei der überwiegenden Anzahl der Probanden konnte die subjektive Überzeugung widerlegt werden, dass „Elektrosmog“ an den Schlafstörungen schuld sei. Bei einem überwiegenden Anteil von 26 Probanden (59 %) ließen sich keinerlei statistisch signifikanten Unterschiede der Schlafparameter unter den einzelnen Bedingungen nachweisen.

Bei acht Probanden (18 %) konnte nachgewiesen werden, dass bereits der Glaube an eine Schirmwirkung zu einer subjektiv empfundenen Schlafverbesserung führte (Placebo- Effekt). Die objektiven Schlafparameter blieben dabei größtenteils unverändert. Bei drei Probanden (7 %) konnte der Nachweis erbracht werden, dass sie sich über die Versuchsbedingungen Klarheit verschafft hatten. Ihre Ergebnisse mussten daher für die Untersuchung einer potentiell kausalen Wirkung der hochfrequenten Immissionen ausgeschlossen werden. Bei vier Probanden (9 %) konnte eine statistisch signifikante Beeinflussung des Einschlafverhaltens im Sinne von verlängerten Einschlafzeiten infolge der Verringerung der hochfrequenten Immissionen festgestellt werden. Dies ist in Übereinstimmung mit einigen nicht konsistent reproduzierten Ergebnissen in der Fachliteratur, wonach sich bei Verstärkung hochfrequenter Immissionen Verkürzungen der Einschlafzeiten ergaben. Bei drei Probanden (7 %) wurden signifikante Veränderungen einzelner Parameter gefunden, die keine konsistenten Schlüsse zuließen.

Die Untersuchungen ergaben keinen Hinweis auf gesundheitsschädigende Einflüsse der hochfrequenten elektromagnetischen Expositionen auf den Schlaf, insbesondere auch nicht durch jene des Mobilfunks. Ebenfalls konnte keine Verbesserung der Schlafqualität unter Schirmbedingungen nachgewiesen werden, allerdings hat die Schirmung die Schlafqualität auch nicht beeinträchtigt.

Der Abschlussbericht liegt zum Download als PDF-Datei (2.218 KB) vor.

Publikationen

  • Leitgeb N, Schröttner J, Cech R, Kerbl R (2008) EMF-protection sleep study near mobile phone base stations. Somnologie 12: 234-243

Fazit

Die Ergebnisse der Studie sind im Einklang mit aktuellen Arbeiten, die durchweg keinen kausalen Zusammenhang zwischen subjektiv empfundener Elektrosensibilität und dem vorhanden sein elektromagnetischer Felder finden. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass der Glaube an eine Schirmung zwar die subjektiv empfundenen, aber nicht die objektiv gemessenen Schlafparameter signifikant verbesserte.